06.10.2008
keine Angst vor dem Tod
Die meisten hier scheinen das Spiel entweder genial oder richtig schlecht zu finden. Ich persönlich fand das Spiel ok, aber leider nicht so gut wie erwartet. Trotzdem habe ich rund 17 Stunden investiert, um es durchzuzocken. Hier mein Fazit in dürren Worten:
- der Hauptcharakter Baldur gefiel mir recht gut, vor allem die Story mit seiner Frau und den verlorenen/gelöschten Erinnerungen; bei ihm haben sich die Entwickler deutlich am meisten Mühe gegeben. Ansonsten ist eigentlich nur noch Thor erwähnenswert, das Level in dem er zusammen mit Baldur dieses Serpent-Geisterschiff-Dingens erkundet hat, war mein persönliches Highlight des Spiels. Alle anderen Figuren sind mehr oder weniger gesichts- und ausdruckslose Statisten. Sogar die Oberbösewichte konnten nicht wirklich Furcht erregen... aber dazu später mehr
- wer zum Geier hat sich diese Steuerung ausgedacht? Angriffe mit dem rechten Analogstick?? Dies führt dazu, dass man in die Gegnerhorden reinrennt und einfach wild mit dem Stick agiert. Taktik? Combos? Braucht man nicht. Die Slide-Attacke (Berserker) sollte man beherrschen, das reicht. Dazu noch die Ruiners und eine Spider Bomb (geskillt). Doch all das hilft nicht gegen die erwähnten Horden von Gegnern, denn gegen die hat man mit seiner (schnell sterbenden) Truppe sowieso keine Chance. Macht aber nix, denn:
- wenn man stirbt, behalten die Gegner den Schaden bei, den man ihnen zugefügt hat. Also kann man frohen Mutes rein in die Gegnermassen, soviel Schaden anrichten wie möglich, sterben, etc. pp. Außer dass die Rüstung und die Waffen allmählich kaputt gehen, gibt es keine Strafe für den Tod. Naja ok, man muss sich als Strafe ständig die "Auferstehungs"-Szene ansehen... nach dem 100. Tod bekommt man sogar ein Achievement. Ironisch irgendwie... Sogar bei den ab und zu auftauchenden Oberbösewichten, ja sogar bei der allerletzten Endgegnerin gilt dieselbe "Taktik": Schaden - sterben - Schaden - sterben; solange bis der Gegner tot ist. Zudem kann man jederzeit zurück zum Aesir-Stützpunkt warpen und seine beschädigte Ausrüstung reparieren.
- der "Skill Tree" ist eigentlich recht schön, nur bekommt man einfach zu wenig Punkte, die man in 3 & 2 Bäume investieren soll. Am Anfang bekommt man noch 3 Skillpunkte pro Levelaufstieg, später dann nur noch 2. Viel zu wenig, um sinnvoll auf irgendwas zu skillen. Auch der ganze Kram mit Runen, neuer Ausrüstung etc. pp. wirkt irgendwie uninspiriert. Man findet zwar dauernd Items, trotzdem fand ich die kaufbare Waffen- und Rüstungsauswahl doch sehr dürftig. Nach dem Durchzocken war ich mit meinem Berserker-Baldur gerade mal Level 27 und konnte aus einer Handvoll für mich geeigneter Rüstungsteile und Waffen etc. wählen.
- die Ausflüge ins Cyberspace waren zwar ganz nett, aber genauso tunnelig-geradlinig wie das restliche Spiel. Die Interaktion Cyberspace/jeweiliger Level fand ich jetzt auch nicht soo spektakulär (Fels verschieben im CS - Tür öffnet sich im Level, nur mal so als Beispiel).
Da das ganze ja wohl als Trilogie ausgelegt ist, würde ich mir etliche Verbesserungen für die nächsten Teile wünschen. Nochmal dasselbe in grün würde ich nicht zocken; vielleicht können die Entwickler ja beim nächsten Teil auch das liefern, was sie vorher versprochen haben...
25.09.2008
Nordische Mythologie in neuem Gewand
Das erste Mal hörte ich von "Too Human" vor ungefähr 1 1/2 Jahren, und die ersten Teaser sahen vielversprechend genug aus... seitdem wartete ich mit steigender Spannung auf das fertige Produkt. Erst vor einigen Monaten fand ich heraus, dass dieses Game bereits seit ziemlich genau 10 Jahren in der Entwicklung war!
Was letztendlich dabei herauskam, ist sicherlich einen Kauf wert, wobei man sagen muss, dass der Preis von 70 Euro doch etwas schmerzt... dazu gleich mehr.
Was macht "Too Human" nun den Kauf wert?
Fangen wir mit der Story an. Das Konzept ist ein Re-Hash der Sagen und Mythen des nordischen Götter-Pantheons, gehüllt in das Gewand eines Sci-Fi Hack-and-Slay Games. Der Protagonist des Spiels ist einer der Götter, Baldur, der bei seiner Jagd auf das Monster Grendel über ein Netz aus Geheimnissen und Lügen stolpert - die Fakten um seine Genesung nach einer schlimmen Verletzung liegen im Dunkeln, und selbst seine eigenen Brüder scheinen die Wahrheit vor ihm zu verbergen. Loki, der Verräter unter den Asen, scheint derweil nicht am Geschehen beteiligt, denn er liegt im Gefängnis von Midgard... aber gibt es wirklich einen Kerker auf der Welt, der den Gott der Hinterlist halten kann?
Es ist schwierig, um das Geheimnis der Story herumzuschreiben, aber für mich ist auf jeden Fall bemerkenswert, dass die tatsächliche Geschichte der nordischen Mythologie nicht einfach nachgespielt wird, sondern dass an einer entscheidenden Stelle eine Änderung vorgenommen wurde, die schwerwiegende Folgen für die ganze Welt haben wird.
Ein weiterer Bonus: "Too Human" ist das erste Spiel einer Trilogie, und obwohl die Story für dieses Game in sich gut abgerundet ist, wird bereits ein Ausblick auf die Zukunft gegeben - und dieser Ausblick verspricht noch viel mehr krachende Action!
Der Soundtrack ist rundum gut gelungen, mit ruhigen Passagen, die die Atmosphäre der jeweiligen Level passend unterstreichen und vertiefen, und wuchtigen, teilweise rockig unterlegten Parts, die sich progressiv an das Schlachtgeschehen anpassen. Insgesamt ist die Musik nichts weltbewegend Neues, passt aber definitiv gut zum Spiel.
Und wo wir gerade beim Sound sind: das Voice-Acting für sämtliche Charaktere ist PERFEKT gelungen und verleiht der Geschichte eine eindrucksvolle, theatralische Tiefe. (Anmerkung: Ich habe das Spiel auf Englisch durchgespielt, zur deutschen Synchro kann ich nichts sagen... O-Ton ist jedoch üblicherweise besser.)
Die Grafik ist einer der wenigen Gründe, für die ich Abzüge erteilen muss. Die Videosequenzen sind von hervorragender Qualität und oft genug der treibende Grund für den Spieler, sich durch die Horden von Gegnern zu metzeln. Das In-Game-Geschehen jedoch ist einfach nicht auf dem technischen Stand der Zeit: die hochgradig anpassbare Ausrüstung des Protagonisten kann einfach nicht von der relativen Eintönigkeit der nur vier (!) sehr, sehr groß und weitläufig angelegten Levels und von den (für heutige Verhältnisse) grobpixeligen und verwaschenen Texturen ablenken; besonders hervorzuheben ist hier der sogenannte Cyberspace, das Reich der Nornen, das trotz des guten Grundkonzeptes leider recht lieblos gestaltet wurde.
Dennoch bin ich bereit zuzugestehen, dass die Animation an sich (sprich: Bewegungen und Kampfverhalten aller Figuren) doch sehr eindrucksvoll gelungen ist, vor allem bei den verschiedenen Arten von mechanischen Monstern, deren Artikulation durchaus manigfaltig ausgefallen ist.
Das Gameplay erinnert während der Massenschlachten, in die Baldur regelmäßig verwickelt wird, stark an "Devil May Cry", wobei die Steuerung sich wirklich vollkommen anders spielt; einige Leute haben dem Spiel Abzüge erteilt aufgrund der Steuerung (das Hauptaugenmerk liegt auf der Nahkampsteuerung, die über den rechten Analogstick bedient wird!), was ich aber nicht unterstützen kann. Ja, intuitive Steuerung sieht anders aus, aber man gewöhnt sich trotzdem recht schnell an das neue Spielgefühl.
Auf der anderen Seite steht sicherlich das permanente Nachrüsten des Protagonisten, denn überall gibt es verschiedene Arten von Nah- und Fernkampfwaffen, Rüstungsteilen, Anhängern und ausrüstungsverstärkenden Runen einzusammeln, sei es als Loot-Drops von erschlagenen Gegnern, plünderbare Items aus versteckten Obelisken oder käufliche Ausrüstung aus Iduns Cyberimplantatkammer oder Tyrs Waffenschmiede; Wer mit dem Spielprinzip von "Diablo 2" vertraut ist, kann sich vorstellen, was ich meine. Ebenso vorhanden ist der allseits bekannte und beliebte Skill-Tree: im Laufe des Spiels levelt man Baldur auf und verdient sich Erfahrungspunkte, mit denen man zum einen den normalen und später den zweiten, im Rahmen einer Spezialisierung zu wählenden Skill-Tree ausbauen kann und muss.
Zu Beginn des Spiels wird man noch vor die Wahl gestellt, was für eine Art von Krieger Baldur sein soll. Folgende fünf Möglichkeiten stehen zur Auswahl: Der ausbalancierte All-Rounder, der nahkampflastige Zweihandkampf-Berserker, der schwer gerüstete Defender, der Kommando als Spreng- und Fernkampfspezialist, und der - meiner Meinung nach etwas nutzlose - Bio-Engineer als Heiler.
Eine netter Bonus: Das Spiel lässt sich zu zweit im Co-Op Modus spielen, sowohl off- als auch online.
Zu guter Letzt muss ich einfach noch eine Sache erwähnen, die mich endgültig dazu bewegt, einen Stern Abzug zu erteilen von einem eigentlich sehr unterhaltsamen Spiel: das Sterben. "Too Human" hat zwar keine verstellbaren Schwierigkeitsgrade, ist aber so oder so stellenweise knackig schwer, und nur allzu oft erliegt Baldur den Folgen der saftigen Tracht Prügel, die es von meist acht oder mehr Gegnern gleichzeitig setzt. Sobald er tot am Boden liegt, erscheint eine Valküre in einem Strahl gleißenden Lichts, um Baldur nach Valhalla zu tragen; nach der ca. 25 Sekunden langen Sequenz wird man entweder kurz vor oder mitten im Schlachtgetümmel wieder abgesetzt.
Eigentlich sehr cool anzusehen und passend musikalisch unterlegt. Was ist also nun das Manko?
DAS VERDAMMTE DING LÄSST SICH NICHT ÜBERSPRINGEN!!! Und so oft wie man im Laufe des Spiels stirbt - teilweise zwei oder drei mal während der selben Auseinandersetzung - hat man diese Animation nach kurzer Zeit so gehörig satt, dass man sich das letzte Essen wieder durch den Kopf gehen lassen möchte!
Außerdem beschädigt Sterben Baldurs aktiv getragene Ausrüstung, und das Zeug reparieren zu lassen ist zumindest zu Anfang des Spiels unangenehm teuer.
Insgesamt kann ich nur noch einmal betonen, dass "Too Human" sicherlich einen Kauf wert ist, obgleich es natürlich im Speziellen Fans der nordischen Sagen und Mythen und des Sci-Fi-Genres zu empfehlen ist. Ich würde eventuell dazu raten, nach Angeboten in der Preisordnung von ca. 60 Euro zu suchen, da das Spiel zum Einen die bereits erwähnten grafischen Mängel aufweist und zum Anderen nach ca. 10 - 15 Stunden durchgespielt ist.
Trotzdem, wer große und brutale Schlachten mag und sich nicht an einer großen Auswahl an Ausrüstung stört, wird hier auf jeden Fall bedient, und der eigentliche Spielspaß und die wunderbar erzählte Story lassen mich über die durchaus bemerkbaren Ingame-Grafik-Defizite größtenteils hinwegsehen. Eine definitive Kaufempfehlung!!!