02.08.2009
Der Prinz ist zurück - Realistische Rezension
Der Prinz hat ein Problem. Nicht nur, dass er während eines Sandsturms die Orientierung verloren hat und in einen Canyon gefallen ist, nein, als ob das nicht genug wäre, ist auch noch sein Esel weg. Und die Tatsache, dass der mit einem Riesenhaufen Gold aus den antiken Mausoleen um die Ecke beladen war, wurmt den Abenteurer natürlich ganz besonders.
Zuallererst jedoch: Nein, es ist nicht der Prinz aus den drei Vorgängern. Der hatte laut Ubisoft ausgedient, und wurde nun durch einen Anderen ersetzt. Dieser ist, das wird dem Spieler schon in den ersten Minuten klar, ein Lebemann wie er im Buche steht, mit flapsiger Ausdrucksweise, und ganz sicher nicht von blauem Geblüt. Er trifft auf der Suche nach seinem Esel - der als Sidekick auf die Vorgänger "Farah" getauft wurde - auf die schöne Elika, die sich als Prinzessin des Landes entpuppt, durch das der Prinz gerade wandelt. Obendrein ist sie auf der Flucht vor den Häschern ihres Vaters, des Königs. Der hat seit dem Tod seiner Frau alle Hoffnung fahren lassen, und trauert Erinnerungen hinterher. Sein Land ist indes zu Grunde gegangen, die Bürger sind abgewandert, die einst ruhmreichen Täler und Städte sind verfallen. Aber wenigstens gibt es noch keine blutrünstigen Dämonen! Zumindest solange, bis der Prinz und Elika einen heiligen Tempel betreten, und durch eine Reihe dummer Zufälle dafür sorgen, dass der dunkle Gott Ahriman drauf und dran ist, aus seinem Gefängnis auszubüchsen. Das klappt zwar vorerst nicht, mit Dunkelheit überzogen und verflucht wird das Land aber trotzdem. Das Ziel des Spiels ist klar: Der Prinz muss mit Elika die vielen Gebiete des Landes von den Schatten befreien, und am Ende verhindern, dass Ahriman in diese Welt gelangt.
Die Story dürfte dem interessierten Leser damit zur Genüge dargelegt worden sein. Nun zum Gameplay: Diesbezüglich haben sich die Entwickler logischerweise sehr an der alten Trilogie orientiert, was bedeutet: Springen, Klettern und Hüpfen im Quadrat. Und ein bisschen Kämpfen. Hier wurde aber der Anteil deutlich zurückgeschraubt: Waren die Scharmützel gegen die Sanddämonen in den Vorgängern fester Bestandteil des ganzen, so dienen die sporadisch platzierten Kämpfe im neuen Spiel nur noch als Lückenfüller zwischen den Sprungpassagen.
Apropos Kampfsystem: Dieses stellt wohl das größte Manko im neuen Spiel dar. Grund: Es ist einfach nur endlangweilig. Bei jedem Kampf, vor allem bei den zahlreichen Bosskämpfen, muss man dabei zusehen, wie der Prinz sich im Zeitlupentempo an den Gegner herantastet, obwohl man meint, dass einem gleich der Knochen aus dem Daumen springt, weil man den Steuerknopf so fest drückt. Elika indes ist zu nichts weiter gut, als ab und an mal eine nette kleine Kombo zu vollführen, die sich gegen magisch schwache Gegner als recht effektiv entpuppt, und das macht sie noch nicht mal von allein. Den Rest der Zeit sucht sie hinter dem Prinzen Deckung, während er die Arbeit erledigt. Hier hätten die Entwickler viel mehr ihre Phantasie spielen lassen dürfen und auch müssen, denn schließlich muss sich das Spiel zwangsläufig gegen die zahlreichen Qualitäten seiner Vorgänger behaupten. Und vor allem beim Kampfsystem scheitert es hier eben ganz. An sich ist die Gewalt, was besorgte Eltern wohl freuen wird, minimal gehalten. Kein Blut, keine abgerissenen Körperteile wie zum Beispiel beim grandiosen zweiten Teil "Warrior Within". Stattdessen bestehen sämtliche Gegner aus "Dunkelheit", und lösen sich, nach dem sie besiegt wurden, einfach auf. Einzig und allein die vier Hauptbosse sind für jüngere Spieler vielleicht ein bisschen gruselig designt, allen voran der dämonische "Jäger" mit seiner monströsen scherenartigen Klaue und der "Alchemist". So ist die Alterfreigabe "ab 12" durchaus gerechtfertigt, dadurch, dass Blut und Innereien gänzlich fehlen, kann man das Spiel aber auch schon jüngeren zumuten.
Der Rest des Gameplays ist währenddessen nichts geringeres als eine Augenweide. In der riesigen, von Anfang an frei begehbaren Welt kommt sich der Spieler vor wie auf einem gigantischen Abenteuerspielplatz. Schaukeln, Rampen, Rutschen - alles da! Allerdings wünscht man sich doch zuweilen etwas von der Geradlinigkeit der Vorgänger zurück. Bei einer so großen Spielwelt wie der hier beschrieben kann das zuweilen auftretende Backtracking nämlich ganz schon nervig werden. Allerdings besteht die Möglichkeit, mit Elikas Hilfe zwischen den schon befreiten Gebieten innerhalb weniger Sekunden hin- und herzuspringen. Das ist auch bitter nötig, denn müsste man die zahlreichen teils schier endlos langen Sprungpassagen jedes Mal aufs neue komplett durchlaufen, würde man warscheinlich nach kürzester Zeit den Controller mit Schmackes gegen die Wand pfeffern.
Abseits der "gewöhnlichen" Akrobatikeinlagen wie Wand- und Deckenlauf, Säulenhopping und Kombosprüngen et cetera bietet das neue Spiel allerdings auch einiges an frischem Wind. Mithilfe von vier magischen Mächten, die dem "guten" Gott Ormazd gewidmet sind, können sich Elika und der Prinz an bestimmten farbigen Plattformen unter anderem in die Lüfte erheben, auf gut Deutsch also fliegen, und gigantische Sprünge machen. Mag sich bescheuert anhören, aber hier offenbart sich tatsächlich die großartigste Neuerung der Serie: Wenn die beiden Helden erst an die Wand klettern, dann einen Riesensprung zu einer weit entfernten Plattform vollführen, dort eine steile Rampe hinunterrutschen und zwischendurch aggressiven Gegner auszuweichen, nur um gleich darauf zum nächsten Siebenmeilenschritt anzusetzen, kommt allerbestes Mirror's Edge-Feeling auf.
Zum Schluss noch eines: Was mich in den ersten Stunden verwundert hat, im Nachhinein aber sehr begeistert, ist die neue, frische Charakterisierung des Prinzen. War sein alter Ego in den Vorgängern ein verbitterter Krieger, der, von Monstern gejagt, sein Schicksal zu verändern suchte, wirkt der neue Held wie jemand, der gerade den besten Tag seines Lebens hat. Fast alles, was er von sich gibt, ist entweder durchzogen von rabenschwarzem Humor oder ehrlicher Begeisterung. Die grandiose deutsche Synchronisierung haut hier natürlich einiges raus. Ein Beispiel, über das ich sehr schmunzeln musste: Die beiden Helden haben gerade ein Gebiet befreit, und Elika sagt: "Na, das hat sich doch gelohnt!". Da meint der Prinz bloß: "Ja, genauso sehr, wie mit Schokolade überzogen in einen Harem einzubrechen!".
FAZIT:
Das neue Prince of Persia ist an für sich ein ziemlich gutes Spiel geworden. Die Hüpf- und Klettereinlagen haben alles, was schon die Vorgänger so genial anders machte, plus einige spektakuläre Neuerungen. Die Helden sind sympathisch, und die bunte Grafik sowie die fast nicht vorhandene Gewalt machen das Spiel auch als Geburtstagsgeschenk für jüngere interessant. Einzig und allein das Kampfsystem gerät fast durchweg zur anstrengenden Prügelsession. Leider kann man auftretende Gegner auch nicht einfach umgehen, weshalb hier ein Punktabzug mehr als gerechtfertigt ist.