12.07.2010
Mass Effect - Ein atmosphärisches Meisterwerk
Ersteinmal vorweg: Ich habe bisher außer Neverwinter Nights kein anderes Spiel von Bioware gespielt, von daher will ich hier auch keinerlei Vergleiche anbringen. Meiner Meinung nach ist Mass Effect sowieso sehr eigenständig als Genre unterwegs, etwas in der Art gibt es eigentlich kaum, was einen Vergleich mit klassischen (Action-)Rollenspielen sinnlos macht.
Mass Effect ist ein sehr gelungenes Spiel. Vor allem am Anfang überwältigt die grandiose Inszenierung den Spieler. Die ersten Missionen und Dialoge spielen sich wie im Traum, alles ist einfach UNGLAUBLICH gut gemacht. Bioware hat hier ein geniales Spiel geschaffen, ein echter Meilenstein in der Geschichte der Rollenspiele, vor allem deswegen, weil noch nie so gut Action und Rollenspiel in einem Spiel miteinander kombiniert wurden. Im Folgenden möchte ich auf die Details eingehen:
Grafik: Mass Effect punktet durch sein technisch gut umgesetztes und bis ins letzte Detail authentishes Universum. Alles sieht einfach genauso aus, wie es sein sollte, die Texturen sind wunderbar, doch selbst im Jahre 2007 hätte dem Spiel ein wenig mehr Kantenglättung gut getan. Ansonsten Top, vor allem die Figuren, jeder Nebencharakter wirkt plastisch und absolut natürlich, die Mimik ist hervorragend. Oftmals müssent Texturen allerdings nachgeladen werden, was einige Sekunden lang zu heftigem Ruckeln führen kann, EInfluss auf den Spielfluss hat das aber meistens nicht.
Sound: Bombastisch. Einfach nur bombastisch. Allein schon der Soundtrack verdienst absolutes Lob und ist immer sehr stimmig. Doch auch wuchtige Waffensounds und vor allem die nahezu perfekten Vollvertonung katapultieren das Spiel in diesem Bereich an die Spitze.
Steuerung: Relativ wenige Tasten werden benötigt, man merkt dem Spiel an, dass es nicht als reiner Action-Shooter gemeint ist, man kann zielen, zoomen, schießen, sich heilen und über die Schultertasten die Menüs für Waffenwechsel und Fähigkeiten aufrufen. Dazu gibt es noch ein gut funktionierendes Deckungssystem, absolut nicht aufregend, aber funkionierend.
Gameplay: Einen großen Teil des Spiels machen die Rollenspiel-typischen Aspekte wie Nebenmissionen, Dialoge und auch Aufwerten des Charakters aus. Bei letzterem kann man entscheiden, ob man nur seinen Charakter oder seinen Charakter und seine Gefährten oder niemanden manuell mit den Punkten ausstatten will. Denn es gibt so einige Fähigkeiten, einerseits in der Interaktion und im Gespräch mit anderen Leuten und andererseits im Kampf.
Der Kampf selber fällt meistens relativ unspektakulär aus, echten Bombast findet man an anderen Stellen. Nichtsdestotrotz können sie motivieren und ordentlich Spaß machen, nicht zuletzt wegen der reichlichen Beute. Die relativ unüberschaubare Anzahl an Waffe wäre dank des einfachen Vergleichsystems ja noch in Ordnung, aber wenn dann auch noch die zahlreichen Upgrades auf verschiedenen Stufen dazukommen, verliert man eindeutig den Überblick, sodass man sich am Ende des ersten Durchspielens kaum damit beschäftigt hat. Man muss seine Gefährten manuell ausstatten, ein System, das den Ausrüstungsstand regelmäßig aktualisiert, fehlt leider.
Zuguterletzt bleiben noch die Dialoge. Diese sind immer absolut gut gestaltet. Die Sprachausgabe passt, der Kamerawinkel fängt das Geschehen dynamisch ein. Doch das größte Highlight ist die Entscheidungsfreiheit. Man gibt seinem Charakter eine von mehreren Antworten vor, die allerdings nicht den Wortlaut sondern nur die ungefähre Richtung bestimmen, was leider dazu führen kann, das manche Antworten eigentlich anders gemeint waren. Trotzdem ist das Dialogsystem eines der wichtigsten und besten Features im ganzen Spiel. Nach den Dialogen bekommt man entweder Punkte für Vorbild oder Verräter, wodurch man immer sehr schön sehen kann, wie man sich insgesamt macht. Zudem trägt das gesamte System zu einer realistischen Stimmung bei: Jede Tat hat seine Konsequenzen.
Charaktere: Das Dialogsystem ist großartig, doch das wird es vor allem durch die gut gezeichneten, glaubwürdigen Charakter. Jeder besitzt seine eigene Geschichte, hat seinen eigenen Charakter und wirkt einfach derart lebendig. Dazu tragen auch die oben genannten Punkte der Grafik und Sprachausgabe bei. In diesem Bereich hat Mass Effect und auch Bioware in seinen anderen Spielen es zur Perfektion gebracht. Als eigenen Charakter wählt man entweder den vorgefertigten John Shepard oder eine selbst erstellte männliche oder weibliche Spielfigur. Die Individualisierungen im Aussehen sind zahlreich und sehen eigentlich immer gut aus. Hat man einen Charakter erstellt bzw. gewählt kann man sich zwischen verschieden Klassen entscheiden. Es gibt den Soldaten, der auf den Kampf spezialisiert ist, eine Klasse, die mit Biotik-Fähigkeiten umgehen kann und eine, die technisches Verständnis mitbringt und dann noch Mixes von jeder Klasse mit jeder. Die Klassen unterscheiden sich aufgrund ihrer Thematik vor allem in den Fähigkeiten und in der Waffenauswahl. Zuguterletzt hat man noch die Möglichkeit, den Hintergrund seines Charakters festzulegen. Wählt man den des einzigen Überlebenden einer Schlacht wird man z.B. von vielen Menschen als Held empfunden. Außerirdische kann man nich spielen, die Rasse ist aufgrund der Story fest vorgegeben.
Story: Auch die Story ist einer der besten Punkte in Mass Effect. Sie fasziniert von Anfang an, man merkt, wie man mitfiebert und sich schon ausmalt wie es ausgehen könnte, doch dann kommen wieder intelligente und kaum vorhersehbare Story-Twists, die das ganze noch spannender machen. Hinzu kommt, dass das Mass Effect Universum sehr komplex ist, man lernt ständig etwas neues. Auch wenn die Auflösung ganz klar auf ein offenes Ende und den mittlerweile auch erhältlichen zweiten Teil getrimmt ist, macht das Finale unglaublich Spaß.
Spielerisch kommt auch dann nichts neues, man schnetzelt sich mit mittlerweile überlegener Ausrüstung durch Gegnerhorden und besiegt den Endgegner mit ein bisschen Geduld auch recht einfach. Wer halbwegs gute Reflexe hat und schon einige Shooter gespielt hat, das nimmt direkt den Schwierigkeitsgrad "Hoch", doch auch der kann beim ersten Durchspielen (später sind noch höhere anwählbar) Profis nur bedingt fordern, ich empfand das Spiel nicht als schwer. Dies rührt vor allem daher, dass die eigenen Squadmitglieder immer sehr schlau agieren, an sich eigentlich sehr positiv, aber in diesem Falle führt es nur dazu, dass die meisten Gegner erledigt werden, bevor man überhaupt aus der Deckung kommen kann.
Aber wenn man dann den Endgegner besiegt hat, das riesige Raumschiff des Gegners in einer gewaltigen Explosion, die unseren Helden fast noch erwischt, zerfetzt wird, man die letzte extrem wichtige Storyentscheidung fällt und schließlich dem zweiten Teil entgegenschreitet, stellt sich ein unglaubliches Befriedigungsgefühl ein. Und spätestens wenn die Credits über den Bildschirm flimmern, begleitet von dem fetzigen Soundtrack M4 Part II von Faunts, spätestens dann werden Endorphine ohne Ende augeschüttet. Ich habe bisher kaum ein Spiel gespielt, was mir ein dermaßen befriedeigendes Spielerlebnis bot. Also: Klare Kaufenpfehlung, auch für Shooterverachter, da man zusätzliche Zielhilfen anschalten kann. Andersherum gilt die Warnung: Auch wenn es nicht so aussieht, Mass Effect ist ein waschechtes Rollenspiel, Action-Junkies suchen woanders. Gegner kommn nur in zwei, drei Gruppen, die schnell hinüber sind und dann wird der Spielfluss durch Gespräche und Zwischensequenzen unterbrochen, Action kommt nicht wirklich auf, höchstens Bombast. Die Hauptstory beschäftigt zudem ohne Nebenmissionen nur knapp zehn Stunden, mit locker das doppelte.