04.03.2009
Schade...
...hätte tatsächlich ein grandioses Spiel werden können. Bei "Der Herr der Ringe" stellt sich wohl bei jedem Fan vor allem ein Gedanke ein: Opulent, episch, gewaltig. Das trifft für die Bücher und die Filmtrilogie zu. Bei den Spielen ist es je nach Genre sehr durchwachsen. Die sehr gelungenen "Schlacht um MIttelerde" Titel sind ein Beweis dafür, dass man aus der Lizens ein hervorragend spielbares Schlachtengemälde machen kann, in dem der Spieler viele Freiheiten hat. Die Actiotitel "Die zweit Türme" und "Die Rückkehr des Königs" haben seinerzeit den neuen Standard einer Filmversoftung gesetzt, weil sie sehr solides Actiongameplay mit einer überzeugenden Atmosphäre gekoppelt haben. "Das dritte Zeitalter" hat mit einer gigantischen Welt, tollen Charakteren und einem netten, taktischen Kampfsystem die alte Xbox um einen tollen Rollenspieltitel erweitert. Bislang war der Titel "Der Herr der Ringe" im Softwarebereich ein Qualitätssiegel. Ich hatte immer den Eindruck, dass den Entwicklern bei einem Spiel im Universum von Mittelerde die Verantwortung bewusst war, mit der sie konfrontiert waren. Immerhin hat "Der Herr der Ringe" eine riesige Fangemeinde, die in den letzten fünf sieben Jahren durch die Filme nochmals stark angewachsen ist. Meine Erwartungen an dieses Game waren dementsprechend sehr hoch...
Aber leider wurden diese Erwartungen bei weitem nicht erfüllt. Das einzige was den Titel nun noch reizbar macht ist die Ansiedelung im Mittelerde. Ansonsten bleibt von dem tollten Mittelerde Feeling nicht mehr viel übrig. Die Grafik wird dem Standard, welchen GoW, Bioshock und CoD4 gesetzt haben nicht mehr gerecht. (Und diese Titel sind teils mehr als 12 Monate älter als das hier rezensierte Game.) Der Sound ist toll, aber nicht neu. Ich habe den Eindruck, dass einfach der Soundtrack aus den vorigen Spielen / den Filmen entnommen wurde. Das ist ein grandioser Soundtrack, aber eben nicht dem Spiel zuzuschreiben. Die Soundeffekte sind meiner Meinung nach auch noch sehr gelungen. Über ein ordentliches Soundsystem hören sich die Explosionen, das Kriegsgetöse und das Donnern der Oliphanten schon ganz imposant an. Doch leider wurden für die Synchro nicht die originalen Sprecher aus den Filmen verwendet.
Kommen wir nun zu dem wichtigsten Bereich: Dem Spielgefühl! Die Steuerung ist sehr simpel und eingängig. Im Prinzip beschränkt sich der Kampf je nach Klasse (insgesamt vier Klassen: Krieger, Späher, Bogenschütze, Zauberer) auf vier bis acht Fähigkeiten. Diese lassen sich dann gegen die zahllosen Gegnerscharen einsetzen und geben einem damit je nach Klassenwahl die Möglichkeit, sich aufrecht zu halten. Und hier haben wir ein riesiges Problem des Kampfsystems. Jeder Gegner hat die Möglichkeit, den Spieler mit einer Attacke zu Boden zu werfen. UNd in besonders dichtem Kampfgetümmel ist das auf den höheren Schwierigkeitsgraden tödlich. Während man nämlich auf dem Boden liegt, ist man für eine Sekunde hilflos den Gegnern ausgeliefert. Wird man während dieser Sekunde von einem Gegner getroffen, so verlängert sich die Liegezeit um etwa eine Sekunde. So kann es schonmal passieren, dass man als Zauberer volle Energie hat, von einem Krieger umgehauen wird und nie wieder die Gelegenheit zum Aufstehen hat. Dasselbe gilt auch für den Bogenschützen und den Späher, Der Krieger kann auf dem Boden etwas mehr aushalten. Das sorgt für seeeeeeehr viele Frustmomente, besonders weil die Kamera sehr dicht hinter dem eigenen Charackter bleibt und nicht weiter weg bewegt werden kann. Die Folge davon ist, dass man die Gegner von hinten niemals angreifen sieht. Das klingt jetzt nicht so wild, wenn man aber in einer Schlacht ist, wo es keine klaren Gut / Böse Fronten gibt,wird man immer mal wieder von hinten eiskalt erwischt. Es ist daher völlig unverständlich für mich, wieso die Programmierer nicht einfach die Kamera etwas rauszoombar gemacht haben. Das hätte dem Spielgefühl und dem Frustabbau ein unglaubliches Stück vorwärts geholfen. Statt dessen findet man sich immer wieder in der Versuchung, das Pad in die Ecke zu feuern, weil man mal wieder völlig aus dem Nichts von den Beinen geholt wurde.
Auf die Hilfe von den KI Soldaten der eigenen Seite muss man dabei übrigens nicht hoffen. Die stehen in erster Linie in der Gegend rum und folgen dem Spieler, wenn er in die Gegner prescht. Leider folgen sie einem nur, um dann auch zwischen den Gegnern in der Gegend herum zu stehen. Tolle Unterstützung. In diesem Spiel gilt deshalb eine Devise: Was man nicht selbst macht, macht auch kein anderer. Ich könnte mich nun in tausenden Details verlieren, was an diesem Spiel nicht stimmt, aber auf ein Problem im Kampagnenmodus soll schon noch hingewiesen werden: Die Klassen sind sehr unterschiedlich nützlich. Der Krieger ist (und ich hasse es das zu sagen, weil ich in allen Spielen die Krieger bevorzuge) völlig nutzlos in diesem Spiel. Er muss immer in die Gegnerhorden, bekommt von den eigenen Männern keinen Rückhalt und hat echte Probleme die Gegner down zu bringen. Besonders als Krieger gegen andere Krieger ist es wirklich zum heulen. Die gegnerischen Krieger machen nämlich nur zwei Sachen: sie blocken entweder ununterbrochen (wie die eigene Unterstützung auch) oder sie hauen dich mit EINEM Schlag aus den Stiefeln und befördern dich unsaft zu Boden. Da können dann auch wieder alle zulangen und die Energieleiste des Spielers von 100% auf 50% oder weniger reduzieren. Das scheint ziemlich spannend zu sein, denn die eigenen Unterstützungstruppen schauen dabei so gepsannt zu, dass man geneigt ist, ihnen einen Becher Popcorn zu reichen. Als Zauberer hat man dagegen keine solche Probleme. Einfach von hinten immer Blitze in die Gegnermengen schleudern, dann nen Feurwall, falls es etwas eng wird einfach alle Gegner mit einer Druckwelle wegschleudern, sich selbst heilen und die Beine in die Hand nehmen. Was ich damit sagen möchte: die Klassen sind ziemlich unausgewogen. Das schlägt sich auch in dem Multiplayermodus wieder.
Im Multiplayermodus gibt es entweder die Möglichkeit, die Kampagnen zu zweit im Coop Mode zu zocken, (das is ganz lustig, weil man plötzlich die Unterstützung von einem Mitspieler hat und das Spiel ungleich leichter wird.) oder sich in Multiplayerschlachten mit bis zu 15 weiteren Spielern zu messen. Die Matches sind dabei nix neues. Capture The Flag heißt hier natürlich stilecht "Finde den Ring" und King of the Hill ist schlicht und einfach die "Eroberung"... Dann gibt es noch Team Death Match (heißt auch im Spiel tatsächlich so). In den Multiplayer Arenen steckt eigentlich ganz viel Potenzial. Die Matches sind auch teilweise ganz lustig, aber es gibt bei der ganzen Sache ein Problem, das den Spaß sehr schnell schrumpfen lässt: Was im Solo Modus der Zauberer ist, ist im Multiplayer Modus der Späher... Überpowered.
Weil der Späher sich einfach unsichtbar machen kann und jeden Spieler dann von hinten mit EINEM Stoß (im Spiel: RB drücken) erledigen kann. Das ist für keinen Spieler ein Geheimnis und macht die Klasse sehr attraktiv. Deshalb laufen auf jeder Seite mindestens vier Späher rum (von maximal 8 Spielern pro Seite) und fallen über alles her, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Als Bogenschütze legt man also den Pfeil an und wird plötzlich von hinten erstochen. Als Zauberer schießt man einen Blitz und wird plötzlich von hinten erstochen. Als Krieger... Naja als Krieger wird man von allen Seiten beschossen, kommt nicht an die Gegner heran und wird dann zu allem Überfluss bei dem tragischen Versuch irgendwie in den Nahkampf zu gelangen auch noch von hinten erstochen. Als Späher läuft man dagegen nur unsichtbar durch die Gegegnd und denkt sich: Wo sind die denn alle hin? Die Antwort kriegt man dann, sobald man nach 15 Sekunden nicht mehr unsichtbar ist. Wie könnte es anders sein? Genau man kriegt als Antwort ein Messer in den Rücken. Zugegeben, das ist alles etwas überspitzt dargestellt, aber man hat bei den Multiplayergelagen immer das Gefühl, dass man als Nicht-Späher stark im Nachteil ist. Das macht übrigens ironischerweise Frodo und Schlangenzunge zu den mächtigsten Multiplayer Charakteren, während man als Aragorn oder Hexenkönig ganz schön aufs Maul bekommt.
Fazit: Das ganze Spiel wirkt unausgeglichen. Und genau dieses Ungleichgewicht zerstört einem schnell den Spielspaß und steigert den Frust enorm. Anfangs macht das Spiel echt Spaß, aber dann bröckelt die Fassade ziemlich schnell und es bleibt nur ein höchstens durchschnittliches Spiel, dass keine Neuerungen bringt und alte Spielelemente auch noch unsauber übernimmt. Traurig aber wahr: Aus dem einstigen Qualitätssiegel "Der Herr der Ringe" ist jetzt ein mit Vorsicht zu genießender Titel in der Softwarewelt geworden. Scheinbar liegen die gleißenden Augen der Kinobesucher und das "Herr der Ringe" Feeling, das in den drei Jahren der Kino Trilogie einen gewaltigen Aufschwung erlebt hat, so weit in der Vergangenheit, dass man durch die Software nun nicht mehr den Versuch unternehmen möchte, dieses Gefühl erneut hervorzurufen. Gänsehaut stellt sich bei diesem Spiel jedenfalls nicht vor Freude oder Überwältigung ein, sondern eher aus anderen Gründen. Man hat bei diesem Spiel das Gefühl, es wäre einfach mal wieder an der Zeit gewesen, ein HdR Spiel auf den Markt zu bringen (und das möglichst schnell).
Original Synchro? Ach wofür? Merkt doch eh keiner... Außerdem sind die so teuer.
Innovation und Spielgefühl? Das is immer so anstrengend. Lass uns einfach ein paar riesige Schlachten aus den Filmen nehmen und den Spielern weismachen, dass sie tatsächlich in einer Schlacht kämpfen und nicht nur dämliche Aufgaben in stark begrenzten Räumen erledigen.
Probespielen? Das is "Der Herr der Ringe"... da muss man nicht mehr die tausenden kleinen Fehler beheben. Die Fans sehen gerne darüber hinweg.
Bei dem nächsten "Herr der Ringe" Titel werde ich nicht so beherzt zugreifen, sondern erstmal die Demo spielen. Und das möchte ich abschließend auch allen Interessenten empfehlen.
05.02.2009
Schwaches Online-Schlachtengemälde mit zugkräftiger Lizenz.
Nachdem Pandemic allen Star Wars-Fans zwei äußerst gelungene Online-Shooter spendierte, patzen sie bei dem Versuch, das Gleiche für die Der Herr Ringe-Gemeinschaft zu leisten. Die Eroberungen wollen einfach so gar keinen Spaß bereiten. Sei es offline oder online, der Titel leidet unter zu vielen Negativ-Faktoren, dass man aus dem Aufzählen kaum noch herauskommt. Angefangen bei der lieblosen Grafik über die schrecklichen deutschen Sprecher und das maue Leveldesign des Solo-Parts bis hin zum spaßfreien Online-Part stimmt hier einfach nichts. Das verkloppen CPU-gesteuerter Feindesmassen vor trister Kulisse in der Kampagne ist bereits nach wenigen Missionen äußerst langweilig, während online hektisches Umhertänzeln, wildes um sich Schlagen und unfaire Meuchelattacken den Schlachtenalltag bestimmen. Alles in allem ein mangelhaftes Vergnügen, das sich höchstens Hardcore-Fans der Vorlage nach ausreichendem Probe-Spielen der Demo-Version einmal näher anschauen können. Doch selbst diese dürften aufgrund der schlechten Qualität des Ganzen schnell die Nase rümpfen. Wer also interesse an Online-Schlachten hat, greift zu bewährten Titeln wie Warhawk, Halo 3, Battlefield: Bad Company oder stürzen sich solo mit den Dynasty oder Samurai Warriors in die Schlacht.
+ Soundtrack aus den Filmen
+ Filmsequenzen zwischen den Missionen
- Lieblose Grafik
- Hektisches Kampfgeschehen
- Schwache Kampagne
- Unfaire Meuchelattacken
- Nervige Sprachausgabe