07.05.2008
Definitiv die neue RTS-Referenz auf Konsole, aber...
Hier ist er also, der lang erwartete dritte Teil der legendären RTS-Reihe Command & Conquer. Immer, wenn die Sequels großer Spiele und beliebter Megaseller angekündigt werden, sind die Erwartungen naturgemäß entsprechend hoch. Doch hält C&C 3, was EA im Vorfeld versprach? Und, was noch wichtiger ist: kann eine actiongeladene RTS-Franchise wie Command & Conquer auf einer Konsole überhaupt funktionieren?
Ein drittes Mal stehen sich GDI und Nod in einem Krieg um den grünen Kristall Tiberium gegenüber, einen wertvollen, doch für die menschliche Gesundheit schädlichen Rohstoff, der gegen Mitte des 21. Jahrhunderts einen großen Teil der Erdoberfläche bedeckt und dadurch unbewohnbar macht. Hardcore-Survivor Kane, der, wider Erwarten, auch den letzten Tiberiumkrieg überlebt hat, führt seine fanatische Bruderschaft wieder persönlich an und ist für die Entfachung der Gefechte in C&C 3 verantwortlich.
Ihr übernehmt, wie in den Vorgängern, die Rolle des aufstrebenden Kommandanten, mit dem Ziel, die Truppen der GDI endgültig zu zerschlagen; auf Seiten der GDI müsst ihr euch Nod und Kanes Machtfantasien in den Weg stellen. Oder aber, ihr schlagt euch auf die Seite der Scrin, einer außerirdischen Rasse, die offenbar 1995 das Tiberium auf die Erde brachte, um eine Invasion der Erde vorzubereiten. Jede Partei hat ihre technologischen Stärken und Schwächen. Wer sich große Innovationen erhofft hat, der wird enttäuscht.
Überhaupt mangelt es dem neusten Ableger der C&C-Reihe in erster Linie genau daran: an Innovationen. Ich, der jahrelang keinen C&C-Titel mehr gespielt hatte, befürchtete anfangs, es würde dauern, bis ich mich wieder richtig eingespielt habe, doch mit nichten: nach 10 Minuten war ich in meinem Element, baute meine Armee auf und zerstörte die gegnerische Basis. Erfreulich war es, zu sehen, dass man nun zusätzliche Baumenüs durch Baukräne erwerben konnte, was den Basisaufbau radikal beschleunigt. Die bekannten C&C-Randmenüs, die auch hier zum Einsatz kommen, bieten speziell Neulingen einen guten Überblick und ermöglichen ein rasches Zurechtfinden auf dem virtuellen Schlachtfeld, wenngleich diese für die Xbox gegenüber dem PC etwas abgeändert wurden. Wo wir bei der anfänglichen Frage angelangt wären: wie gut kann eine RTS-Portierung von PC auf Konsole sein?
Die Antwort ist simpel: sehr gut. Das Beste an C&C 3 ist ganz klar die neue Steuerung auf der Xbox. Veteranen erinnern sich eventuell an die PlayStation-Portierungen vom Tiberiumkonflikt und Alarmstufe Rot samt Missions-CDs (unter dem Titel 'Gegenangriff'). Die Steuerung wurde dort, mit gewissen Einschränkungen, fast unverändert übernommen, was schlimmer hätte werden können, aber auch nicht unbedingt befriedigend war. Ein Gamepad ist nun einmal keine Maus und hat nicht so viele Tasten, die man mit Hotkeys belegen könnte, wie eine PC-Tastatur. Vor allem bei der Nintendo 64-Version des Tiberiumkonflikts waren die Steuerungsprobleme massiv spürbar. Scheinbar nahmen sich die Entwickler bei Electronic Arts die damaligen Schnitzer von Westwood allerdings nicht zum Vorbild, sondern entwickelte eine anfangs gewöhnungsbedürftige, aber intuitive Steuerung, die das rasche und halbwegs problemlose Dirigieren der Einheiten auf dem virtuellen Schlachtfeld so einfach wie möglich macht. Diese bewirkt, dass fast nichts vom Spielspass der PC-Fassung verloren ging. C&C 3 demonstriert eindrucksvoll, dass Konsolen em PC auch im RTS-Sektor nicht unbedingt hinterherhinken müssen und stellt damit klar einen neuen Maßstab, den künftige Konsolen-RTS-Titel erst erreichen müssen.
Die Grafik ist ein zwiespältiges Thema. Sie ist stimmig und bietet zahlreiche Details, kann aber leider nicht ganz mit den höchsten Grafik-Settings des PC-Originals mithalten. Ferner kommt es bei einer Masse von Einheiten auf dem Screen des öfteren zu massiven Einbrüchen der Framerate, die das wilde Gefecht zu einer einzigen Ruckelorgie verkommen lassen. Es wäre besser gewesen, den Level an Details leicht herunter zu schrauben und dafür die Framerate stabil zu halten. Zumal einige Grafikeffekte absolut unnütz sind. Die Straßen in städtischem Terrain, beispielsweise, spiegeln die Umgebung wieder, als wären sie aus Glas. Mit Realismus hat dies wenig zu tun, ehrlich gesagt sieht es einfach lächerlich aus. Auch bei den Superwaffen hätte man die Explosionsdetails etwas reduzieren sollen - so füllen Explosionen zwar den ganzen Bildschirm, doch gerade bei Nods Atombombe geht die Framerate bei einer Masse an Zielen wirklich gnadenlos in die Knie und es dauert ein wenig, bis diese sich wieder erfängt. Da dies vor allem beim Online-Gaming nervt, ziehe ich für die instabile Framerate einen Stern ab.
Der Sound, der sich auf ein Säuseln im Hintergrund beschränkt, ist meist zum Ambiente passend, kann aber aufgrund seiner Eintönigkeit irgendwann lästig werden. So lästig etwa wie die KI des Spiels, die sich, wie mir scheint, seit dem ersten 'Alarmstufe Rot' kaum verändert hat. Sammler 'verhaken' sich ineinander oder stellen gar die Arbeit ein, wenn sich zu viele Einheiten auf dem Feld befinden, Infanterie läuft suizidal mitten durch Tiberiumfelder, wenn man ihnen keine Wegpunkte setzt und Massen an Einheiten bilden nicht etwa eine Formation, nein, sie stürmen einfach irgendwie los - nur allzu oft in ihr Verderben. Dem Spieler wird folglich einiges an Micro Management abverlangt, will er auf dem viel zu kleinen Bildschirm (starkes Herauszoomen ist leider nicht möglich) die Kontrolle über große Armeen behalten, was, trotz der relativ guten Steuerung, oft ziemlich schwierig wird.
Es besteht kein Zweifel: das 'klassische' C&C ist auch heute noch Kult. Der neuste Ableger der Tiberium-Saga bietet, speziell im Multiplayer-Modus, einiges an Spielspass, der auch durch die gut portierte Steuerung unterstützt wird. Leider ist C&C 3 im Endeffekt nichts als ein grafisch verbesserter 'Tiberiumkonflikt' mit neuen Missionen. Die versprochenen 'bahnbrechenden' und 'das RTS-Genre revolutionierenden' Neuerungen blieben aus, weshalb sich vor allem Fans fragen müssen: will ich tatsächlich den Vollpreis für etwas bezahlen, was ich schon tausend Mal gesehen habe? Neulinge jedoch erhalten ein unterhaltsames RTS-Spiel, das stundenlang an den Bildschirm fesselt. Trotzdem (und mangels Alternativen) empfehle ich Zweiflern, C&C 3 erst einmal anzuspielen. Wer sowohl einen annehmbaren PC, als auch eine Xbox sein Eigen nennt, sollte jedoch eher zum PC-Original greifen. Wir dürfen dennoch gespannt sein, ob die kommende Konsolen-Portierung von 'World in Conflict' C&C 3 den Schneid abkaufen wird können. Drei Sterne für die aktuelle RTS-Konsolenreferenz.