02.10.2010
Taschenlampenballerei
Trotz der fehlenden Euphorie der Presse, was dieses Spiel angeht, habe ich mir einen Ruck gegeben und es bestellt.
Im Endeffekt war ich dann hin und hergerissen, wie ich dieses Spiel nun bewerten soll. Hab' noch einen zweiten Durchgang gestartet und mir fiel auf: Alan Wake gibt sich wenigstens Mühe, eine gruselige Atmosphäre aufzubauen.
Die Geschichte ist kurz zusammengefasst: Alan Wake, ein berühmter Schriftsteller, reist mit seiner Frau Alice nach Bright Falls um sich zu erholen und seine Schreibblockade aufzuheben. Doch kaum haben sie sich in ihrem Ferienhaus eingerichtet, bricht schon ein Streit aus. Kurz darauf verschwindet seine Frau plötzlich, doch auch die kleine Insel samt Haus ist wie vom Erdboden verschluckt und der Schleier der Dunkelheit lastet immer schwerer auf der kleinen Stadt. Wake muss nun seine Frau wiederfinden, aber dafür braucht er auch Leute, die ihm glauben.
Nun lüftet der weitere Verlauf natürlich noch einige Geheimnisse rund um die Finsternis, unterm Strich ersäuft aber alles in Klischees. Die alte verrückte Dame, die sich um das Wohl der Glühbirnen in ganz Bright Falls sorgt und dafür müde belächelt wird? Hat natürlich recht. Und das betrifft noch weitere Charaktere, die erschreckend vorhersehbar in die Handlung eingebunden werden. Aufs Äußerste reduziert geht es hier auch nur um den Kampf Licht gegen Finsternis. Viele interpretieren sich hier zuviel rein, denn trotz der Lobreden auf die Story und der "wawawa der Mainstream weiß einfach keine Story mit Anspruch zu schätzen"-Sprüche haben wir hier zusammen mit der Inszenierung Michael Bay-Niveau. Es ist schon immer wieder lustig gewesen, wie die Geschichte die unangenehmen Charaktere einfach hat verrecken lassen. Das wird dann alles in schicken Cutscenes präsentiert und sorgt für packende Film-Atmosphäre - mehr nicht. Den Vogel hat schließlich die Weiterführung der Story durch einen Song abgeschossen, schien mir eher wie ein Kniefall vor passender Musik. Es war wahrlich kein Stephen King am Werk (obwohl selbst er sich gerne Fehltritte wie Puls erlaubt), so sehr der geistige Erguss auch danach aussehen möchte.
Bevor man jetzt weiterliest, sollte man sich die Frage stellen, was man von diesem Spiel gameplaytechnisch erwartet. Das Spiel wurde vor Jahren schon angekündigt, (damals sogar als Zugpferd für DX10, aber Herrgott, das ist ne andere Geschichte) deshalb habe ich persönlich doch hohe Erwartungen an die Horror-Elemente und das Gameplay gehabt. In dieser Hinsicht wurde ich enttäuscht, denn es bleibt quasi hinter der dunklen Fassade nur ein simpler, dummer Shooter übrig.
Man darf sich auch fragen, warum Alice so schnell verschwinden musste? Warum lerne ich meine Gegner schon im Einstieg (ein Traum dient als Tutorial zur Einführung in die einfachsten Mechaniken) kennen und gewöhne mich an sie? Da wäre doch soviel mehr rauszuholen gewesen! Wir haben eine ruhige Situation, die jederzeit in Dunkelheit übergehen kann, die Gegner können dann praktisch überall auftauchen, aber das lässt komplett kalt! Was nützt es, wenn die Dunkelphasen vorhersehbar auf die Nacht beschränkt wurden? Das Tageslicht ist komplett sicher und es wurde darauf verzichtet, hier Spannung zu generieren. Drei Gegnertypen laufen Alan über den Weg: die menschlichen Taken, Poltergeist-Objekte, die versuchen, den Spieler brutal zu rammen und etliche Scharen Vögel, die mit genug Licht aufgelöst werden müssen. Das war es schon. Und obendrein werden alle größeren Gegnergruppen durch Herauszoomen und Zeitlupe angekündigt. Was soll das? Dasselbe betrifft den finalen Schuss; fällt der letzte Gegner der Gruppe, geht das Spiel wieder in die Zeitlupe über, um dem Spieler zu signalisieren: Du bist jetzt sicher! Clear! Das ganze nutzt sich auch wahnsinnig schnell ab und wird zur Routine: Gegner mit Licht schwächen und dann draufballern. Dazu gesellt sich dann auch noch eine riesige Portion Frust, den Alan steckt nicht viel ein und so ein Taken darf auch gerne dreimal hintereinander auf Alan einschlagen, nett! Man hat in der Regel auch zuwenig Bewegungsspielraum, um den Gegnermassen sinnvoll etwas entgegensetzen zu können. Es ist zwar löblich, wenn der Spieler umdenken muss, aber hier macht es einfach keinen Sinn! Aus der Ferne werfen die Gegner mit ihren Äxten, die übrigen rushen einfach drauflos. Es gibt keinen Blindspot, keine praktische Strategie für die Feindkontakte, der gute Mr. Wake kann ja nichtmal im Angesicht größter Gefahr nen paar hundert Meter einfach nur wegrennen. Zu schnell geht ihm die Puste aus und dann ist selbst die Flucht zum Licht (Licht heilt schneller und bietet kompletten Schutz) ausslichtslos. Das Ergebnis ist, dass man einfach verreckt. Und dieselbe Stelle wieder und wieder probiert.
Abseits des Geballers gibt es Rätsel, die sich auf einfaches Schalterumlegen beschränken, selbst dort also keine Abwechslung.
Nicht zu verkennen sind auch die glorreichen Achievements! "Finde alle 100 coffee thermoses", "Finde alle Manuskriptseiten", etc. etc. Die Auswirkungen auf die Atmosphäre sind gravierend: Man ist konstant auf der Suche nach irgendwas, sei es eine glänzende Flasche oder ein gelber Pfeil an der Wand. Das ganze Ziel des Spiels verkommt zur reinen Suche, der man schlecht entgehen kann. Selbst Erfolge-resistente Leute werden sich dabei ertappen, hier und da andauend den Pfad zu verlassen um etwas zu finden. Immerhin locken die gelben Pfeile mit Munition, wenn man ihnen folgen kann. Das ganze stört ungemein und sorgt dafür, dass man ständig abgelenkt wird mit unsinnigem Mist, anstatt sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Was das Spiel schließlich vor dem Absturz bewahrt, sind die guten Ansätze zur Schaffung einer gruseligen Atmosphäre, sollten mal keine Gegner auf dem Bildschirm sein: Überall sind Radios und TVs verstreut, die durchaus mit ihrem Programm Stimmung vermitteln können, auch ist die Idee mit den Manuskriptseiten recht nett. Man stößt auf dem Weg immer mal auf Seiten von Alans Buch, die dann von ihm vorgelesen werden. Oftmals verraten sie Zusätzliches, aber auch Dinge, die noch passieren werden. Letzteres spoilert bestenfalls, so sehr ich auch versuche, dort einen anderen Sinn zu erkennen. Abundzu fängt Alan auch an, von selbst die Situation zu kommentieren. Das ist genauso unsinnig, immerhin stehe ich doch selbst davor! "The stair was broken". Ich weiß, Alan. "I had to find another way around". Alan hält sicherlich gerne Märchenstunde, aber das interessiert mich jeweils zu dem Zeitpunkt herzlich wenig. Gute Ansätze sind in den gescripteten Ereignissen zu erkennen, aber das steht man alles gut und gerne durch, ohne sich auch nur ein einziges Mal zu erschrecken, Standardkost.
Dafür ist die Grafik bei Nacht beeindruckend. Die Bäume drehen sich... wackeln im Wind, ein dichter Nebel hängt über der Szenerie und die Lichteffekte suchen ihresgleichen. Das alles trägt dazu bei, dass die Kulisse in der Dunkelheit beinahe im Alleingang eine gruselige Stimmung generiert. Doch wo Licht ist, ist auch... lassen wir das. Auf der anderen Seite offenbart die Grafik bei Tageslicht ihre Schwächen; viele hässliche Texturen und allgemein das Wissen, es hier mit einer sensationell geringen Auflösung zu tun zu haben. Alan Wake ist wie viele exklusive 360-Titel in sub-HD, da kann die vierfache Kantenglättung auch nicht mehr alles rumreißen, es sieht des Öfteren etwas milchig aus. Dagegen ist die schöne Bergkulisse in der Ferne natürlich wie Balsam.
Gut, soviel zu Alan Wake. Wenn man wissen will, wie man Potential verheizt, sollte man sich das Spiel mal zu Gemüte führen. Streckenweise wird man sich immermal dabei ertappen, den Filmfetzen mit Spannung zu folgen und trotz meiner Kritik am Gameplay lässt sich der Spaß, der im Wechselspiel mit Frust steht, natürlich nicht verkennen. Doch genau dieser Frust wird auftreten und die Monotonie wird gerne mal das Weiterspielen zur Qual machen. Viel Horror ist nicht zu erwarten, stattdessen genießt man tatsächlich eher die schicke Ansicht bei Nacht. Mir war es als Gesamtpaket zu generisch - ein solider Titel, mehr aber bei Weitem nicht.
23.09.2010
Subtiler beklemmender Action-Thriller wie es sein soll.
Ich bin in Sachen Alan Wake eher ein Spätzünder und besitze das Spiel erst seit ein paar Tagen.
Nachdem ich nun schon eine ganze Weile gespielt habe, erlaube ich mir ein erstes Fazit.
Es wurde schon viel über Grafik, Inhalt und Gameplay gesprochen, dazu sag ich kurz und knapp. So soll es sein!
Die Grafik ist wirklich auf einem Top-Niveau. Vor allem ist diese sehr realistisch und so fühlt man sich bereits bei der Fahrt auf der Fähre hin zum verschlafenen Örtchen "Bright Falls", wie in einem Film. Die Gesichtsanimationen hätten besser sein können, sind aber trotzdem noch sehr gut. Leider fallen bei der deutschen Version natürlich auch bei diesem Spiel die asynchronen Lippenbewegungen auf.
Der Sound ist ebenfalls vom feinsten. Das wehen des Windes, die kleinen Geräusche hier und da im Wald, das Tosen des Sturm, das grässliche Lachen der Gegner. Top!
Zur Story/Inszenierung: Bereits nach nur 1 Stunde Spielzeit, gibt es schon sehr viele spannende und beklemmende Ereignisse. Der Puls schnellt sofort in die Höhe. Wo andere Spiele erst ab einigen gespielten Stunden spannend werden, macht Alan Wake bereits von Anfang an alles richtig. Die grandiosen Zwischensequenzen aber auch das Lesen der Manuskriptseiten tragen einen großen Teil dazu bei. War auch ganz fasziniert von der ersten Folge "Night Springs".
Die teils recht weitläufigen Areale (in denen es auch etwas zu entdecken gibt) inklusive Absturzgefahr (viele Spiele setzen ja künstliche Mauern, damit man nicht von Abhängen fällt) sind sehr gut gelungen und lassen einen nicht zu lange unnütz rumlaufen ohne, dass etwas passiert. Feuer, herunterhängende Stromkabel, umstürzende Baumstämme etc. und natürlich die von allen Seiten attackierenden Gegner sowie "der Sturm", lassen sich einen nie in Sicherheit wiegen.
Die Schießeinlagen sind meiner Ansicht sehr gut gelungen und wie ich finde auch nicht zu häufig. Vor allem der Einsatz von Taschenlampe, Leuchtpistole und anderen Lichtquellen um die Gegner verwundbar zu machen macht Laune.
Alan Wake schafft meiner Ansicht nach etwas, was z.B. Resident Evil im letzten Teil abhanden gekommen ist. Es schafft durch subtile Elemente wie Dunkelheit, Schatten und Geräuschkulisse ohne das es zu Massenkämpfen mit Gegnern kommt eine beklemmende, düstere Atmosphäre welche zumindest mich bisher in keiner Minute losgelassen hat.
Positiv
+ Beklemmende Atmosphäre
+ Spannende Story, von Anfang an
+ Packende Inszenierung
+ Tolle Grafik, die vor allem durch ihren Realismus sowie die Lichteffekte besticht
Negativ
mir fällt nichts ein.