29.11.2009
Es dämmert nun endlich auch in Europa
Um den 2. Teil des großartigen Spiels Tales of Symphonia gab es viel Aufruhr. Nachdem von vornherein keine all zu große Hoffnung auf ein Erscheinen in europäischen Gefilden bestand, konnte sich die Fangemeinde kaum noch halten, als, angeblich Seitens seriöser Händler, ein Release-Datum veröffentlicht wurde. Schon bald kam die ernüchternde Nachricht, dass ein Release nach wie vor nicht vorgesehen sei. Etwa ein Jahr, nachdem man Amerika mit dem Nachfolger des Erstlings beglückte, dürfen aber nun doch endlich auch alle europäischen Fans japanischer Rollenspielkost Hand anlegen und ein weiteres Mal in die Welt von Sylvarant/Tethealla eintauchen. Ob sich das lange Warten tatsächlich gelohnt hat, soll in den folgenden Zeilen verraten werden.
Die Story
Was aus Japan kommt, im Anime-Look daherkommt und auch noch ein Tales of im Titel hat, kann zwangsläufig nicht ohne eine mehr oder weniger verstrickte und mitreißende Story auskommen.
2 Jahre nach den Ereignissen aus Tales of Symphonia eskaliert die Situation in der nun wieder vereinten Welt immer mehr. Nicht nur, dass die Natur die Menschen überall mit Katastrophen und völlig wirren Klimaverhältnissen beglückt, auch die Monster scheinen zunehmend aggressiver zu werden. Dass das Volk des einstigen Tethealla die Leute von Sylvarant aufgrund ihres technischen Standes als wilde Barbaren betrachtet und die Kirche von Martel nach wie vor nicht der göttliche Verein ist, der sie nach außen hin zu sein vorgibt, macht die ganze Sache auch nicht besser. Diese scheint nun sogar unter der Leitung von Lloyd Irving, dem Held aus Teil 1, sogenannte Blutsäuberungen durchzuführen.
Auch die Hafenstadt Palmacosta wird Opfer eines solchen brutalen Abschlachtens hunderter, und Emil Castagnier, in dessen Rolle der Spieler schlüpft, verliert seine Eltern durch Lloyd höchstpersönlich. Er rettet sich zu seiner Tante und seinem Onkel in Luin, wo er nach einiger Zeit auf Marta Lualdy trifft, die ihn von irgendwoher zu kennen scheint. Gemeinsam mit dem Centurio Tenebrae beschließen sie, alle anderen Centurionen zu erwecken, damit diese die Monster und Naturkatastrophen unter Kontrolle bringen können, indem sie Lord Ratatosk zu seiner alten Stärke verhelfen (daher auch der japanische Originaltitel: Tales of Symphonia The Knights of Ratatosk). Dass Emil nicht unbedingt der Typ ist, der durch Kraft und Mut hervorsticht, macht die ganze Aktion für ihn nicht unbedingt erträglicher
Gameplay
Verzeihung, dass der Teil mit der Story so lang wurde, aber es ist nicht immer ganz leicht, es zum einen verständlich, zum anderen kurz und dann auch noch so zu schreiben, dass man Lust bekommt, noch mehr zu erfahren.
Nun also zum wichtigsten Aspekt eines jeden Spiels: dem Gameplay.
Dieses unterscheidet sich grundsätzlich nicht von anderen japanischen Rollenspielen. Ihr bereist eine Oberweltkarte, über dieOh, hier ist schon der erste Unterschied. Im Gegensatz zu den meisten anderen Rollenspielen, und auch im Gegensatz zum Vorgänger, kann die Weltkarte diesmal nicht frei begangen und erforscht werden, auch gibt es auf ihr keine Begegnungen mit Monstern. Stattdessen wählt man die einzelnen Städte und Dungeons über eine Liste oder direkt per Pointer-Funktion der Wii auf der Karte aus und die Gruppe begibt sich an den gewünschten Ort. Das nimmt dem Spiel ein wenig seiner Atmosphäre, ist aber vor allem im späteren Spiel, wenn Erfahrung und gute Gegenstände sowieso nur noch in Dungeons zu finden sind, eine kleine Zeitersparnis.
In den Städten könnt ihr nun entweder ein Gasthaus betreten, um eure Party zu heilen, euch mit neuen Items, Waffen und Rüstungen eindecken und mit allerlei Leuten reden. Auch findet ihr in aller Regel in jeder Stadt einen Speicherpunkt.
Beim Waffenhändler gibt es wieder die Möglichkeit, eure Waffen und Rüstungen anzupassen/ zu synthetisieren, um sie so zu noch besseren Waffen zu machen. Sogar die Materialien lassen sich diesmal zu anderen Materialien verändern.
Auch Zutaten zum Kochen lassen sich wieder kaufen, diesmal könnt ihr jedoch nicht eure menschlichen Gefährten bekochen, sondern lediglich die Monster, mit denen ihr einen Pakt geschlossen habt (dazu später mehr).
Um für ein Monster zu kochen, müsst ihr die örtliche Katz-Gilde aufsuchen. Mit Hilfe der Katz könnt ihr verwalten, welche Monster in eurer Gruppe sein sollen und welche ihr in die Obhut der Katz übergebt. Wie schon erwähnt könnt ihr ihnen auch etwas zu essen kochen, wofür ihr jedoch zunächst einmal entsprechende Rezepte braucht, die ihr (wie in ToS1) vom Wunderkoch bekommt, der sich in einem, meist auffälligen, Gegenstand in den meisten Ortschaften versteckt hält. Jedes Monster hat hierbei seine besonderen Vorlieben und auch Speisen, die es überhaupt nicht mag, und jedes Gericht hat positive oder negative Effekte auf die Status-Werte eurer Begleiter. Hat euer Monster einen hohen Level erreicht, habt ihr unter Umständen die Möglichkeit, es in ein anderes Monster zu transformieren, nachdem es gegessen hat. Dieser Vorgang ist jedoch eine Art Kreislauf, so kann z.B. ein Fenrir, ein mächtiges Eis-Monster, auch wieder zu einem normalen Wolf werden. Jede Verwandlung setzt das Monster übrigens automatisch zurück auf Level 1, wodurch es natürlich erst wieder einiges an Training benötigt, um zu seiner alten Stärke zurück zu finden. Die Monster steigen zum Glück schneller auf als die menschlichen Kämpfer.
Abschließend sind die Katz diesmal auch Dreh- und Angelpunkt sämtlicher Nebenquests. Ihr wählt bei den Katz eine Aufgabe und werdet dann in den entsprechenden Dungeon teleportiert, wo es überwiegend darum geht, Kämpfe zu bestreiten, ein paar Gegenstände zu sammeln und den Dungeon bis zum Ende zu durchlaufen. Dabei gibt es immer wieder kleine Zwischensequenzen, durch die die jeweilige Story erzählt wird. Die Geschichten hinter den Sidequests sind jedoch, ebenso wie die Aufgaben selbst, bei weitem nicht so kreativ oder gar fesselnd wie in ToS1 (oder den meisten anderen Rollenspielen). Auch die Tatsache, dass jede Aufgabe nur 1 Mal angegangen werden kann (egal, ob man sie besteht oder nicht) und manche Aufgaben automatisch wegfallen und durch neue ersetzt werden, wenn die Story voranschreitet, sorgt nicht grade für Hochstimmung, wenn man an die Sidequests denkt (So gibt es auch eine größere Sidequest, die man jedoch nur dann zu Gesicht bekommt, wenn man bestimmte Aufgaben der Katz-Gilde zuvor zu Ende gebracht hat. Ist man also in der Story schon zu weit, weil man keine Lust auf stundenlanges und monotones Monsterkloppen hatte, kann man diese Aufgabe gleich vergessen). Die Idee, Aufträge anzunehmen, ist an sich keine schlechte, passt jedoch nicht ganz in die Welt von ToS und wurde einfach schlecht umgesetzt (gut umgesetzt wurde dieses Feature z.B. in Paper Mario Die Legende vom Äonentor).
Auch die Dungeons bieten nichts großartig neues: man durchläuft sie, verprügelt Monster, findet Schätze, löst kleinere Rätseleinlagen (die z.T. jedoch einfach etwas aufgesetzt und nervig wirken, was schon ein Problem des Erstlings war) und erfreut sich am Ende meist an einem fordernden Kampf mit einem großen Endboss, was eine tolle Überleitung ist, um auf die Kämpfe zu sprechen zu kommen. Vorher sei aber noch gesagt: es wurden zwar viele Dungeons aus ToS1 übernommen, jedoch wurden dem Spiel natürlich auch eine angemessene Zahl eigener Dungeons spendiert. Anders sieht es bei den Städten aus: diese wurden fast 1:1 übernommen, nur selten wurden sie wirklich verändert, außerdem kann man in einigen von ihnen nicht mehr alle Häuser besuchen (so z.B. in Asgard, wo ca. 70% aller Haustüren verschlossen bleiben).
Nun zu den Kämpfen.
Zunächst einmal: es gibt keine Zufallskämpfe. Alle zu bekämpfenden Monster sind auf der Karte sichtbar und je nachdem, ob man ihnen auf der Karte in den Rücken fällt oder sie einem in den Rücken fallen, hat man zu Beginn des Kampfes einen Vor- oder Nachteil, oder eben keins von beidem, wenn man frontal entgegen läuft. All zu große Änderungen gibt es im Vergleich zu ToS1 nicht. Nach wie vor laufen die Kämpfe in Echtzeit ab, man selbst übernimmt einen Charakter und der Rest wird vom Computer gesteuert (oder aber von bis zu 3 Freunden). Neben normalen Angriffskombos können die Charaktere auch allerlei Spezialtechniken und Zauber einsetzen, die im Spiel Artes genannt werden. Ferner verfügt jeder Charakter über eine Reihe von Fertigkeiten, die z.B. längere Kombos, veränderte Artes oder die äußerst mächtigen mystischen Artes ermöglichen. Von letzteren hat nun jeder Charakter eine, abgesehen von den Monstern. An sich richtig toll, hatte ToS1 doch nur 3 davon. Leider gibt es mit diesen Attacken ein Problem: ohne einen 2. Spieler (oder zumindest Controller) wird man lediglich die von Emil und Marta zu Gesicht bekommen. Denn obwohl man alle alten ToS Charaktere früher oder später in die Party bekommt, kann Spieler 1 ausschließlich mit Emil oder Marta spielen. Da mein 2. Controller kaputt ist und ich niemanden in der Nähe habe, der gerne mit mir ToS spielen würde, konnte ich die anderen Artes nicht ausprobieren und auch nicht mit meinen alten Lieblingscharakteren kämpfen. Hier wurde schlicht und ergreifend geschlampt. Hierbei kann gleich noch angemerkt werden, dass alle Monster ausschließlich vom PC gesteuert werden, wenn also grade keine alten ToS Charaktere dabei sind, können maximal 2 Spieler gleichzeitig an den Kämpfen teilnehmen.
Positiv zu bemerken ist noch, dass in den Kämpfen nun Free-Run möglich ist, man also nicht mehr nur vor und zurück laufen kann. Dies ermöglicht es durchaus, der einen oder anderen Attacke noch schnell zu entgehen und macht die Kämpfe auch schneller und dynamischer.
Abschließend ist noch das neue System des Monster-Fangens anzusprechen. Es klingt ein wenig nach Pokemon, und abgesehen von der Art und Weise, wie die Monster gefangen werden, ist es auch wirklich recht ähnlich (nur, dass die Monster eben vom Computer gesteuert werden).
Unten links auf dem Kampfbildschirm gibt es 5 kleine Symbole, die um 1 großes angeordnet sind. Werden im Kampf nun Attacken eines Element eingesetzt, verändert sich eines der kleinen Symbole und wird zu dem Symbol des eben eingesetzten Elements (z.B. Feuer). Sind nun 3 Symbole gleich, ändert sich das große Symbol in eben dieses Symbol (also z.B.: 3 kleine Feuer Symbole -> großes Feuer Symbol). Nun müssen noch mindestens 4 der kleinen Symbole mit dem großen übereinstimmen (also großes Feuer Symbol + 4 (oder 5) kleine Feuer Symbole) und während dieses Zustandes muss ein Monster besiegt werden. Nach dem Kampf hat man dann die Chance, einen Pakt mit dem Monster zu schließen. Ob es klappt, ist letztlich immer ein wenig Glück. Negativ zu kritisieren ist hierbei, dass man am Anfang keine ausreichenden Möglichkeiten hat, um die Symbole zu ändern, und hinterher meist so viele verschiedene Elementarattacken eingesetzt werden, dass man es nicht schafft, die nötige Kombination von Symbolen aufrecht zu erhalten. Auch schade ist, dass der in der Story beschriebene Effekt, den die Pakte mit den Monstern haben, keinen Einzug ins Gameplay gehalten hat.
Technik
Von der technischen Seite betrachtet präsentiert sich Tales of Symphonia 2 solide. Es reizt die Wii grafisch bei weitem nicht aus, jedoch muss gesagt werden, dass die Charaktere sich nun wesentlich geschmeidiger Bewegen, auch die Effekte in den Kämpfen sind durchaus hübsch anzusehen, wenngleich man im gesamten Spiel keinen Wow Moment aufgrund der tollen Grafik erleben wird. Was negativ auffällt sind die recht langen Ladezeiten, so werden Kämpfe z.B. recht oft mit 3 oder 4 Sekunden Verzögerung gestartet, außerdem ruckeln z.T. sogar die Zwischensequenzen, was einfach nicht schön anzusehen ist.
Soundtechnisch gibt sich das Spiel hingegen weniger Blöße. Die bekannten Orte haben neue Arrangements ihrer alten Melodien bekommen, auch die neuen Musikstücke sind stets stimmig und nett anzuhören. Die Musik im Kampf reicht meiner Meinung nach nicht ganz an die Stücke aus ToS1 heran, aber das muss jeder selbst entscheiden.
Besonders positiv hervorzuheben ist, dass nun sämtliche Zwischensequenzen und Gespräche zwischen den Charakteren (die in ToS noch als Skits bekannt waren) komplett auf englisch vertont wurden. Vor allem der Sprecher von Emil hat mir gut gefallen, die anderen sind allesamt akzeptabel. Leider wurden für die alten Charaktere nicht immer die entsprechenden Sprecher genommen, so konnte ich mich bis zum Ende z.B. nicht mit Lloyds neuer Stimme anfreunden. Dass die Sprecher nicht so gut sind wie die japanischen, dürfte von vornherein klar sein, trotzdem kann man nicht sagen, dass sich hier keine Mühe gegeben wurde.
Leider wurde, bis auf das Intro (welches übrigens nicht das originale Lied aus Japan, sondern ein kleines Orchesterstück spendiert bekommen hat. Mir hat es besser gefallen als der japanische Pop-Song und ich bin wesentlich besser in Stimmung für ein episches Fantasy-Abenteuer gekommen), völlig auf Animesequenzen verzichtet. Schade!
Extras
Ja, es gibt Extras in ToS2. Nach dem ersten Durchgang hat man, wie schon im Erstling, die Möglichkeit, seine gewonnenen Grade in Boni für einen 2. Durchgang, wie etwa doppelte Erfahrung, zu investieren. Außerdem lassen sich eine Plauderei- und eine Bildergalerie mit Haufenweise Konzeptskizzen freischalten. Übrigens gibt es auch zu Beginn jedes 1. Durchgangs ein kleines Geschenk, wenn man seine Daten aus dem 1. Teil per Memorycard überträgt (ich selbst habe z.B. ein paar den Status erhöhende Kräuter bekommen. Auf die alten Charaktere hat es keinen Einfluss).
Fazit
Tales of Symphonia Dawn of the New World reicht nicht an seinen Vorgänger heran. Das sollte inzwischen aber auch schon jedem klar geworden sein. Wer mit solchen Erwartungen an das Spiel herangeht, und tatsächlich nicht völlig Anspruchslos ist, wird wohl enttäuscht werden. Ich hingegen bin bereits mit gemischten Gefühlen an das Spiel herangegangen und wurde nach und nach doch positiv überrascht. Das Spiel hat mich nicht vom Hocker gehauen, aber es hat mich knapp 40 Stunden lang unterhalten. Ich war nicht traurig, dass es zu Ende war, aber ich habe durch das Spiel wieder Lust auf den Erstling und auf Tales of Phantasia bekommen. Die Liebesgeschichte um Emil und Marta, die so zuckersüß und naiv ist, dass es manch einem schon fast hochkommen mag, hat mich stellenweise auch ein wenig genervt, da verstehe ich jeden, der es als Kontra-Argument anführt. Allerdings konnte ich darüber hinwegsehen und mich auch manchmal einfach daran erfreuen (man muss einfach versuchen, sich darauf einzulassen, dann wird es erträglich).
Alles in allem ist das neue Tales of Symphonia ein gutes Spiel für Fans japanischer Rollenspiele. Es reicht sicherlich nicht an seinen Vorgänger heran, bietet jedoch gute, solide Rollenspielkost, und jeder Fan des 1. Teil sollte es wenigstens einmal anspielen. Aber Achtung: Kenntnisse aus dem 1. Teil werden zum vollständigen Verständnis der Story vorausgesetzt.