25.04.2010
Red Steel 2 - Fuchtelfest oder Samurai-Simulation?
Alle Spieler mit auch nur dem geringsten Hang dazu, sich über das Geschehen in der Videospielbranche zu informieren, werden bereits eine Weile vor Veröffentlichung auf Red Steel 2 gestoßen sein. Bei dem Namen haben viele sicherlich an den Erstling der Reihe gedacht, der neben einer recht flachen Story und schon damals fast veralteter Grafik zwar eine recht gelungene und unterhaltsame Einzelspielerkampagne bot, allerdings an einem schlecht umgesetzten Mehrspielermodus sowie den zuvor hoch angepriesen Schwertkämpfen, die dann doch bei weitem nicht halten konnten, was sie versprachen, krankte und somit vollends zu einem allenfalls mittelmäßigen Spiel wurde.
Der 2. Teil warb nun vor allem mit dem neuen Wii-Motion+ Aufsatz, der bisher von nahezu keinem anderen Spiel unterstützt wird. 1:1 sollen die Bewegungen des Spielers Übertragen werden, um ihn nicht nur zum Knöpfchendrücker, sondern zum echten Schwertkämpfer zu machen. Ob dies den ENtwicklern gelungen ist, sollen die folgenden Zeilen zeigen.
Story
Zunächst ein paar spärliche Worte zur Story. Diese hebt sich in Sachen Originalität oder Komplexität nicht wirklich vom Vorgänger ab. Man spielt einen einsamen, verstoßenen Mann, der in seine Heimatstadt zurückkehrt, nur um alle Angehörigen seines Clans von einem anderen Clan ermordet vorzufinden. Es beginnt eine actionreiche Orgie der Rache.
Gameplay
Gameplaytechnisch versucht Red Steel 2 ebenso gar nicht erst, das Fundament der Action-Shooter neu zu gießen. Statt dessen bekommt der Spieler genau das, was er sich wünscht: Kämpfe, Kämpfe und noch mehr Kämpfe. Trotzdem hat sich im Vergleich zum Vorgänger einiges getan. So gibt es zwar nach wie vor einzelne Level, diese sind aber zum einen weniger linear aufgebaut als im Erstling, und zum anderen muss man sich die einzelnen Level eher wie eine Art Oberwelt vorstellen, auf der man zunächst einzelne Missionen erledigt, bevor man Zugang zum jeweiligen Bossgegner erhält (die Struktur erinnert ein klein wenig an ein Rollenspiel mit Weltkarte, Städten und Dungeons). Neben den einzelnen Storymissionen kann man stets noch mehrere Nebenmissionen erfüllen, wie etwa das Einschalten aller Radiotürme, das Elemenieren bestimmter Gegnergruppen oder auch das herabreißen von Steckbriefen (letztere Aufgabe, die es in mehreren Arealen gibt, konnte ich nie erfüllen, da 1 oder 2 Steckbriefe stets mehr als gut versteckt sind). In jedem Level verstreut finden sich ferner diverse Basen der Leute, mit denen gemeinsam man gegen den gegnerischen Clan kämpft. Diese Basen stellen meist auch Läden dar, in denen man zum einen neuen Schießeisen kaufen und diese sowie sein Schwert verbessern kann, und zum anderen die äußerst wichtigen Spezialmanöver und Superkräfte erlernen (und verbessern) kann. Ohne diese speziellen Techniken wird man es in späteren Abschnitten sehr schwer haben, größere Gegnerhorden effektiv zu bekämpfen und den eigenen Tod zu verhindern.
Damit wären wir bei den Kämpfen an sich. Diese finden sozusagen in einem extra Modus statt. Zumeist wird eine Barriere um einen gewissen Bereich herum erzeugt, in dem man es dann mit den Feinden aufnehmen muss. Tragen diese zu beginn nur einfache Säbel oder Pistolen, so muss man sich später gegen Feinde mit Maschinengewehren, Hellebarden und schweren Rüstungen wehren. Wie man nun kämpft, bleibt einem letztlich selbst überlassen. Ob man sich einfach wie ein Berserker ins Getümmel wirft und ein paar Bösewichten die Kehle aufschlitzt, oder ihnen doch lieber ein zweites paar Nasenlöcher in der Stirn verpasst, liegt ganz in der Entscheidung des Spielers, wobei die meisten wahrscheinlich ihre eigene Mischung aus beiden Stilen finden werden, was sich aufgrund unterschiedlicher Gegner, die eben auch unterschiedliche Strategien erfordern, durchaus anbietet. Der Wechsel zwischen Schwert und Revolver ist hierbei schnell und fließend. Es ist also nicht ausgeschlossen, einen Gegner erst mit dem Schwert zu malträtieren und ihm direkt danach einen Kopfschuss zu verpassen (oder umgekehrt). Je mehr Techniken man lernt, desto spaßiger werden die Kämpfe, da man sich auf neue und altbekannte Situationen besser einstellen oder einfach des Spaßes wegen experimentieren kann. Diverse - und immer zahlreicher werdende - Finisher runden die Sache ab. Für besiegte Gegner und zerstörte Objekte gibt es Geld, das man wiederum in Waffenverbesserung und neue Techniken stecken kann.
Die Gegnervielfalt (ohne Bossgegner) beläuft sich übrigens auf etwa 15 verschiedene Feinde, vielleicht ein paar weniger. Für die Spielzeit ist das allerdings voll in Ordnung, zumal diese paar Gegner bereits für ausreichend knackige Kämpfe sorgen.
Ein kleines Manko gibt es allerdings doch: wenngleich die Steuerung zumeist butterweich von der Hand geht, so werden doch sehr selten Gesten nicht ganz korrekt erkannt, was vor allem bei größeren Kämpfen, in denen man darauf angewiesen ist, dass jeder Schlag sitzt, stören kann. Meist muss man in diesem Fall einfach stärker schlagen, dadurch eignet sich das Spiel jedoch nicht für all zu lange Sitzungen, sofern man sich keinen Muskelkater im rechten Arm holen will. Das Spiel ist also nichts für den entspannten Feierabend.
Die Spieldauer beträgt zwischen 10 und 12 Stunden, je nach Schwierigkeitsgrad und persönlichem Können sowie den erledigten Nebenmissionen. Ich selbst habe gleich auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad gespielt und um die 11 Stunden mit dem Spiel verbracht. Den Schwierigkeitsgrad empfand ich als sehr angenehm (Herausfordernd, aber nicht frustrierend), wobei ich von mir sagen würde, dass ich ein generell sehr erfahrener Spieler bin und auch dem Action-Genre noch nie abgeneigt war, im Gegenteil. Ein Freund von mir fand das Spiel bereits auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad recht knackig. Da man diesen, lobenswerter Weise, während des Spiels verstellen kann, dürfte bei niemandem Frust aufkommen.
Technik
Technisch gibt sich RS2 keine Blöße. Die Entwickler scheinen erkannt zu haben, dass die Wii sich nicht für zeitgemäße, realistische Grafik eignet, und ziehen daraus ihre Konsequenzen. Der realistische, düstere Look wich einem farbenfroheren Comic-Look, der gemeinsam mit der stimmigen Musik eine tolle Atmosphäre aufzubauen weiß und der Wii wie aufs Gesicht geschnitten ist. Vor allem die eigenen Waffen werden sehr detailliert dargestellt, doch auch die Gegner brauchen sich nicht wegen schwammiger Darstellung o.ä. zu verstecken. Dass das Spiel dabei auch noch völlig flüssig und ohne Ruckler läuft, zeigt nur einmal wieder, dass die Spielqualität auch technisch letztlich nicht an der Konsole, sondern nur an den Entwicklern liegt.
Fazit
Red Steel 2 wurde heiß erwartet und hat im Vorfeld bereits viel versprochen. Wurden diese Versprechungen gehalten? Ja. Dieses Spiel will nur eins: den Spieler mit actionreichen Kämpfen, in denen er selbst zum unbesiegbaren Schwertmeister wird, unterhalten. Storytiefe, eine komplexe Spielwelt...all dies sind Fremdworte für RS2, doch genau diese klare Zielsetzung, die Tatsache, dass das Spiel ganz klar darlegt, dass es nicht mehr und nicht weniger sein will als pure, kurzweilige Unterhaltung, machen seinen Charme aus. Technisch gehört es auf der Wii auf jeden Fall zu den sehr guten Titeln, und wenngleich die Steuerung ganz selten einmal nicht so will wie man selbst und von mancher Seite wohl die Gegnerzahl und die Spielzeit bemängelt werden (die aber für solch ein Spiel durchaus der Norm entsprechen), so kann dies doch nicht die flotten und einfach nur spaßigen Kämpfe aus dem Sichtfeld drängen, die den Spieler von Anfang bis Ende bei Laune halten.
Einzig zu Bemängeln ist abschließend vielleicht noch der Wiederspielwert. Ich habe das Spiel auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad geschlagen, habe sämtliche Waffen und Spezialmanöver, bis auf wenige Nebenaufgaben, die allerdings auch nur Geld bringen, habe ich also alles gesehen und gelöst, eine wirkliche, spielerische Herausforderung gibt es für mich nicht mehr. Unter den Extras kann man sich lediglich die Credits ansehen und irgendetwas mit einem Vorbestellungscode machen, den ich nicht habe. Es ist schön, dass man jedes Level einzeln anwählen kann, allerdings verspüre ich keine große Lust, die ersten Gegnerhorden mit meiner Übermacht zu überrennen oder mich noch einmal durch die gleichen Kämpfe wie vor 2 Stunden zu metzeln. Für eine kurze Runde zwischendurch kann das Spiel sicherlich begeistern, es noch einmal komplett durchzuspielen erscheint mir jedoch eher abschreckend als reizvoll, zumal die Kämpfe erst mit neuen Techniken ihr volles Potenzial entfalten und man sich zu beginn wohl eher gelangweilt durch die reinen Draufhauorgien hacken würde. Alles in allem jedoch ein wunderbares und sehr spaßiges Spiel, das man sich - meiner Meinung nach - jedoch lieber aus der Videothek oder von einem Freund ausleihen sollte (so wie ich), sofern man nicht zu den Leuten gehört, die ein solch kurzes Spiel mehrmals hintereinander durchspielen können.