12.03.2009
Sehr viel besser als sein Ruf
Ich bin so ein Silent-Hill-Fan dass ich nicht nur Teil 1 bis 4, sondern auch den PSP-Ableger und sogar das Handy-Game gespielt habe. Dementsprechend scharf war ich auf Teil 5, oder aber auch "Homecoming" genannt, weil das Spiel die Serie zu altem Glanz zurückführen soll. Schließlich wurde Teil 4 ganz schön kritisiert und Teil 2 als der beste Teil der Reihe angesehen.
Für alle, die noch keinen Teil der Serie kennen: ihr braucht keine Vorkenntnisse. Jedes Silent Hill ist in sich abgeschlossen, es gibt für jeden Teil eine neue Story und man spielt immer einen anderen Charakter. Aber Achtung: das Spiel ist nichts für Zartbesaitete und auch nicht umsonst nur für volljährige Spieler freigegeben. Anders als in "Resident Evil" besticht "Silent Hill" nicht durch Zombies und Schockeffekte, sondern eher subtil durch grauenhaft gestaltete Monster, eine bedrückende Atmosphäre, eine schaurige Soundkulisse und vor allem durch die Spielwelt, die nur aus Rostgittern, vergammelten Häuserfassaden voller Blut, dichtem Nebel, unendlichen Schatten und einer völlig verlassenen, dreckigen Stadt besteht. Kurz: absolut verstörend, desillusionierend - eine einzige Hölle voller Rost und Blut und ewiger Nacht, schlimmer als jeder Horrorfilm. Ich wollte euch nur warnen! Ganz so schlimm wie in Teil 3 fand ich es aber dann doch nicht.
Zurück zu Teil 5, der hier rezensiert werden soll. Man spielt den Kriegsveteran Alex Shepherd, der nach einer Verletzung in seine Heimatstadt Shepherds Glen zurückkehrt. Dort findet er seine Mutter in einem völlig apathischen Zustand vor, sein Vater und der neunjährige Bruder Joshua sind verschwunden. Die gesamte Stadt ist nebelig, die Häuser verlassen und überall laufen Monster herum. Alex muss herausfinden, was passiert ist und vor allem seinen kleinen Bruder wiederfinden...
Dabei gelangt man natürlich auch in die Geisterstadt Silent Hill und die üblichen Schauplätze (Krankenhaus, Hotel), aber auch in neue Arreale (z.B. in ein Gefängnis).
Bevor ich mir dieses Spiel gekauft habe, hörte ich nur Schlechtes: nicht mehr besonders gruselig soll es sein, die Gegner zu leicht, der Spielablauf langweilig, die Grafik schlecht. Ich bin aber trotzdem nicht enttäuscht worden. Das Spiel ist gruselig wie immer (auch gruseliger als Teil 4), düster und schaurig. Die Gegner sind anfangs noch leicht, später finde ich sie schwer genug, sogar schwerer als bisher. Die Speicherpunkte sind fair verteilt. Und die Grafik ist sehr gut, könnte aber etwas besser sein. Die Kameraperspektive ist okay, die Steuerung ist in Ordnung, Synchronisation (englisch mit deutschem Untertitel) und Sound sind sehr gut. Die Story mag nicht neu sein, wird aber spannend erzählt, es gibt coole Zwischensequenzen, man muss viel laufen und besucht auch viele Orte mehrmals, aber: im Gegensatz zu "Resident Evil 5", das die Reihe zu einer Actionorgie verkommen lässt, bewahrt Silent Hill 5 das subtile Gruselflair der Vorgänger und somit des Survivalhorror-Genre. Für Kenner der Reihe: der Pyramid Head feiert in "Homecoming" endlich sein Comeback! Sehr gut finde ich auch, dass Alex jetzt endlich eine Gesundheitsanzeige hat, die auch beim Kampf eingeblendet wird. Und man kann den Gegnern etwas ausweichen, indem man die Taschenlampe abstellt. Es gibt wieder viele verschiedene Waffen und es wird aus alten Teilen der Reine zitiert.
Das Einzige, was mich wirklich stört: Man muss bei Schusswaffen jetzt manuell zielen, per rechtem Analogstick. Das verhindert leider schnelle Reaktionsmöglichkeiten und man verballert unnötig Munition. Das Kampfsystem ist jetzt ohnehin realistischer als vorher. Mit der Kreistaste weicht man dem Gegner aus, was aber leider nicht immer gelingt. Das war bei Teil 2 und 3 besser. Bei Teil 5 bin ich einige Male gestorben, vor allem die Endgegner musste ich mehrmals machen.
Fazit: Ein echtes Silent Hill mit Gruselatmosphäre und spannender Handlung. Man darf kein Überspiel erwarten, aber ein gutes Action-Adventure ist es geworden und Fans dürfte es befriedigen.
10.03.2009
Keine Heimkehr zu den Wurzeln
Als 'Silent Hill: Homecoming' Ende September letzten Jahres in Asien und den USA erschien, wurde es von den Kritikern ziemlich verrissen. Als langjähriger Fan der Saga hatte ich die Befürchtung, der neue Teil würde sich am Debakel 'Silent Hill 4: The Room' orientieren, das zwar eine tolle Horror-Atmosphäre hatte, spielerisch jedoch unter seinen Makeln zusammenbrach. Nachdem das Spiel nun endlich auch in Europa erhältlich ist, stellte sich diese Sorge glücklicherweise als unbegründet heraus - teilweise zumindest.
Etwas hat 'Homecoming' von 'The Room' übernommen: die dramaturgische Verbindung der Handlung zu Silent Hill ist anfangs nicht offensichtlich. Erzählt wird von dem Soldaten Alex Shephard, der im Gefecht verwundet und daraufhin vom aktiven Dienst entlassen wurde und in seine Heimat, die florierende Kleinstadt Shephard's Glen, zurückkehrte. Bei seiner Ankunft musste er jedoch feststellen, dass sich einiges verändert hat. Die Stadt ist heruntergekommen, die Straßen wie ausgestorben. Bei sich zuhause findet er seine Mutter verlassen vor, die völlig geistesabwesend zu sein scheint. Er erfährt, dass in Shephard's Glen seit einigen Wochen täglich Menschen verschwinden - unter den Vermissten auch Alex' Vater und sein Bruder, Josh. Auch wollen Einwohner seltsame Kreaturen im Nebel gesehen haben...
'Silent Hill: Homecoming' wurde, wie schon das Spin-off 'Origins', nicht von Team Silent entwickelt, sondern an den amerikanischen Entwickler Double Helix Games übergeben, der seinem Werk einen deutlichen Stempel aufdrückte. Dies wird bereits bei der Geschichte deutlich: zwar bietet diese immer noch herrlich unvorhersehbare Wendungen und genug Mystery-Thrill, um den Spieler bei der Stange zu halten, doch ist sie wesentlich weniger tiefgründig und subtil, als die eines 'Silent Hill 2'. Das gleiche gilt für den Horrorfaktor des Titels.
'Homecoming' leidet nämlich an einer abgeschwächten Form des 'Resident Evil 4'-Syndroms und tauscht Rätsel und Horror gegen Gegnerscharen und einen stärkeren Fokus auf Action. Vor allem bei den Rätseln fäll dies auf: sie sind dermaßen einfach, dass sie ein Kleinkind problemlos meistern könnte, weshalb sich Adventure-Cracks von 'Homecoming' vermutlich unterfordert fühlen. Wirft einem das Spiel die Lösung nicht direkt vor die Nase, kommt man meist rasch dahinter, wenn man sich in der First Person-Ansicht umsieht und ein wenig kombiniert. Mehr Mühe gaben sich die neuen Entwickler beim völlig überarbeiteten Kampfsystem.
Unglaublich, aber wahr: die direkte Konfrontation mit dem Feind kann auch in einem Survival Horror-Spiel Spaß machen! Im Gegensatz zu allen vorherigen Protagonisten der Reihe ist Alex kein unbedarfter Zivilist, sondern ein trainierter Soldat, weshalb er mit den meisten Monstern - sobald man das veränderte Kampfsystem verinnerlicht hat - kurzen Prozess macht. Auch kann Alex, hat er eine der bizarren Kreaturen, welche die trostlose Spielwelt durchstreifen, ausreichend geschwächt, dieser mit einem blutigen Finisher den Garaus machen. In diesem Sinne darf kräftig zugelangt werden, jedenfalls, sieht man sich schwächeren Feinden gegenüber. Bei härteren Brocken lässt man lieber die Feuerwaffe sprechen. Von eben diesen gibt es allerdings nicht viele und für die vorhandenen lässt sich nur sehr, sehr begrenzt Munition mitnehmen. In Anbetracht des flüssigen Nahkampfsystems ist der Einsatz von Schusswaffen aber höchst selten erforderlich, sodass sie für die gigantischen Bossgegner aufgespart werden können.
Das schwerwiegendste Problem der Neuorientierung von 'Homecoming' ist, wie bereits angedeutet, der Horrorfaktor. In der Vergangenheit tat sich 'Silent Hill' im Survival Horror-Einheitsbrei der 'Resident Evil'-Klone dadurch hervor, dass weniger Geisterbahn- und mehr Psycho-Horror das Gameplay prägte. Die meisten Zeit über passierte in den klassischen 'Silent Hill'-Titeln absolut nichts. Das rauschende Taschenradio, das auch in 'Homecoming' wieder dabei ist, signalisierte zwar regelmäßig die Präsenz von Monstern, wirklich überraschend wurde man allerdings kaum attackiert - es war die Vorstellung, was in den Nebelschwaden bzw. der Dunkelheit lauern könnte, die den Spannungsbogen konstant hoch hielt. Ebenso unvorhersehbar waren die Monstertypen - 'Silent Hill' zeichnete sich stets durch äußerst makaberes Gegnerdesign aus, das von Teil zu Teil variierte, da prinzipiell die Ängste oder Sehnsüchte der Protagonisten für die deformierten Wesen Modell standen. Der Horror von Silent Hill spielte sich weniger auf dem Bildschirm, als in den Köpfen der Spieler ab, was die Reihe in ihrem Genre einzigartig machte. Diese Besonderheit wurde geopfert, um der erfolgreichen Konkurrenz aus dem Hause Capcom nachzueifern. Das Ergebnis fällt besser als erwartet aus, besitzt aber eben nicht den Charme der Vorgänger.
Zusätzlich ist 'Homecoming' ungewohnt brutal. Offenbar entschied man, subtilen Horror durch Blut zu ersetzen - was Grund genug für die USK war, der Originalversion des Spiels die Kennzeichnung zu verweigern, weshalb Konami die deutsche Version um einige besonders explizite Szenen erleichterte. Obwohl ich mich an Gewalt in Videospielen nicht zu stören pflege, bedarf ein Titel mit dem Kaliber eines 'Silent Hill' eigentlich keiner solch billigen Praktiken, um zu polarisieren - sollte man meinen.
Die technische Präsentation von 'Homecoming' ist durchwachsen. Die Grafik ist in Ordnung, leider zieren zahlreiche Clipping-Fehler die Level und in Anbetracht dessen, dass es meist wahlweise nebelig oder dunkel ist, hätte grafisch viel mehr geboten werden müssen. Die Figuren und Umgebungen sind nett animiert, wirken letztlich allerdings zu wenig plastisch, dafür fehlen die Details. Eine ziemliche Enttäuschung sind die Lichteffekte, eine der großen grafischen Stärken der Vorgänger. Sie sind nicht kräftig genug und wirken nicht sehr realistisch. Ein wahres Highlight stellt hingegen der einmal mehr aus der Feder von Akira Yamaoka stammende Soundtrack dar, der es schafft, einiges vom klassischen 'Silent Hill'-Spielgefühl wieder aufleben zu lassen.
'Silent Hill: Homecoming' ist keinesfalls so misslungen, wie es von der Fachpresse dargestellt wurde. Double Helix Games schufen ein solides Horror-Adventure mit zahlreichen Anleihen an Konkurrenten wie 'Alone in the Dark', 'Dead Space' und, natürlich, 'Resident Evil 4'. Leider blieb der neue Entwickler dem Credo der Saga nicht allzu treu, weshalb die Atmosphäre von 'Homecoming' zwar überzeugend, mit jener seiner Vorgänger aber nicht vergleichbar ist. Ein Titel, den man spielen kann, in Anbetracht von Alternativen wie dem eben erwähnten 'Dead Space' aber nicht gespielt haben muss, sofern man kein Fan der Franchise ist.