17.11.2008
Eigentlich 4,5 Sterne....
... aber die gibt es ja bekanntlich nicht.
Hier in Kurzform, warum nur 4 Sterne und nicht 5.
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Das Gute dabei mal zuerst:
+ geniale Soundkulisse, saugeiler Soundtrack
+ tolle Weitsicht im Aussenbereich
+ genial einfaches Steuerungskonzept
+ gutes optisches Konzept (Farbwahl, Licht, Unschärfe etc.)
+ sehr gute Umsetzung des räumlichen Proportionen (schwindelerregend hoch ist WIRKLICH schwindelerregend hoch)
+ tolle Spielidee/-konzept
+ gute Lösung für die Zwischensequenzen
+ sehr gutes Leveldesign im Außenbereich
+ gute Idee mit den Ghosts und dem Speedrun
+ freischaltbare Daten (ich bin ein großer Artwork-Fan)
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So, nun die weniger guten Dinge:
- obwohl das absolut stimmige und puristische Grafikkonzept wirklich gut umgesetzt ist, so mangelt es doch an der letzten Konsequenz: wo ist das AA (anti alias = Weichzeichnung der Kanten, damit diese nicht abgetreppt wirken) abgeblieben, das IST de facto wirklich nur ein kleiner Klacks im Gegensatz zur ganzen Entwicklung des Spiele-Looks.
- ganz miserables Leveldesign in den Innenbereichen, da haben sich die Leveldesigner selbst ein Bein gestellt: außen wirklich, wirklich hui und größtenteils glaubwürdig und schlüssig, innen dafür pfui: das ist öfters wirklich hochgradig unübersichtlich und zudem teilweise total unlogisch (komme aus der Planungsbranche und weiß wirklich wovon ich da rede), tiefste Schluchten im Hochhaus wo quasi freitragende Lüftungskanäle als Landefläche für Drei- oder Viermetersprünge dienen? Geschmackssache. Aber das sei dahin gestellt, viel schlimmer ist die unübersichtlichkeit.
- ganz miserable KI der Gegner: "Mist, die wissen wo ich bin, obwohl ich doch hinter den Kisten rumschleiche. Warum folgt mir der Laser trotzdem?" , Gegner bleiben einfach stehen, beharken einen stur weiter, statt selbst mal in Deckung zu gehen, das ist alles nicht wirklich motivierend. Tricksen kann man hier wirklich nicht, und es läuft auf ein stupides "Gegner-isolieren-dann-kaputtmachen-und-sich-erholen-dann-nächsten-gegner-suchen-gegner-isolieren-dann-kaputt-machen..." etc. hinaus. Empfinde ich persönlich nicht wirklich als das, was in den Tests bzw. in den Artikeln und der Werbung angepriesen wurden: "Es gibt immer eine gewaltfreie Alternative. (Siehe z.B. Tiefgarage, da MUSSTE mann die 3 Kerle und dann den einen, stark gepanzerten erledigen, weil man sonst keine Zeit hat, die Tür zu öffnen, da man vorher ins Nirvana befördert wird.)
- teilweise wirklich unfaire Spielsituationen: um selbst hierbei jedoch fair zu bleiben (tolles Wortspiel), muss ich vorher loswerden, dass ich das Spiel das erste Mal im Modus "Normal" gespielt habe, d.h. ich hatte keine Runner-Vision, dementsprechend hektisch wurde es besondern im Innenbereich, wenn ich von 4 oder 5 oder 6 Polizisten beharkt wurde, und dass ich keine Waffen eingesetzt habe, d.h. alles an Konfrontationen im Nahkampf gelöst habe. Was meine ich nun mit unfair: zum einen die manchmal (wirklich nur manchmal, denn größtenteils funktioniert es gut) wirklich bescheiden gelegten Speicherpunkte; ein Beispiel: die Geschichte mit der Scherbe, nachts, dort wo man im Außenbereich gegen zig Scharfschützen spielt , ich glaube es ist das 8. Kapitel. Stirbt man kurz vor der erlösenden, roten Türe, die wieder ins Innere führt, BÄNG, los geht's, wieder ganz am Anfang. Alternative Routen? Fehlschlag. Gegner austricksen? Fehlschlag. Somit läuft es oftmals auf entweder Glück-Haben oder Kein-Glück-haben hinaus. Das muss nicht unbedingt, kann aber sehr frustran sein, besonders, wenn mann es zum 30. oder 40. mal probiert.
- die Story. Mal ehrlich, die Story macht nicht viel her, muss sie auch nicht, ABER: wenn die Story schon nix wirklich Neues oder Überraschendes ist, so kann man sie doch wenigsten packend und fesselnd rüberbringen; die Dialoge sind manchmal wirklich dermaßen lustlos dahergeplappert (gerade die ###SPOILER### NICHT WEITERLESEN, WER DIE GESCHICHTE NICHT KENNT ### StErBeSzEnE mIt FaItH uNd MeRc ##################SPOILER ENDE###) dass ich das Gefühl hatte, mir die Synchronisation eines C-Movies aus Kasburgistan anzuhören. Schade, schade. Die Atmosphäre im Spiel kommt in den Zwischensequenzen leider nicht rüber, obwohl die Trickfilm-Idee wirklich sehr gelungen ist.
- teils ungenaue Kolisionsabfragen bzw. Aktionsabfragen: die Steuerung ist (theoretisch) so genial wie einfach: eine Taste für Oben, eine für Unten, eine für's Umdrehen, eine für's Schlagen/Schießen, das war's eingentlich fast schon. Schnell erlernbar und doch in der Kombination fordernd. Das Problem bei der Sache ist die Abfrage zu den anvisierten Dingen: auch ein Beispiel: Kabel(rutschen), ich hab echt ein paar mal (und das gerade in Passagen, wo es keine Speicherpunkte gab) daneben gegriffen, obwohl ich echt und wahrhaftig direkt, also nix mit schräg von der Seite etc. darauf zu gesprungen bin. Schlimmer ist dies jedoch bei den Hangelaktionen gewesen, an Stellen, die man selbst als Normalsterblicher in RL (real life) bewältigt hätte. Das sind jedoch kleinere Krankheiten, die vllt. in der PC-Version nochmal überarbeitet werden(?) P.S.: die Figur dreht sich zu langsam, gerade das lässt den Nahkampf oft recht hektisch werden.
- das Spiel ist kurz, ja, aber tatsächlich ist das auch zum Großteil die Schuld der Umsetzung der Story, die meines Wissens nach auch noch gekürzt ist (es gibt da wohl eine herausgeschnittenen Befragungsszene und den herausgeschnittenen Gefängnistrack, siehe freischaltbares Zusatzmaterial).
- kein echter Multiplayer-Modus, was wirklich EINMALIG gewesen wäre, in so einer Kulisse zu zweit oder zu viert über die Dächer zu jagen auf der Such nach z.B. eine Koffer etc., sehr bedauerlich. Vllt. gibt es ja bald einen Patch, zu wünschen wäre es, am besten plattformübergreifend, DAS wäre noch genialer
- leider kein Leveleditor. Das ist auch so eine Sache, die das Spiel noch mehr aufgewertet hätte. Ich bitte diesen Gedanken und die damit verbundenen Möglichkeiten mal in Ruhe in Gedanken Revue passieren zu lassen. Aber der Punkt ist nun wirklich nur zweitrangig.
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So, langer Schreiberei kurzer Sinn:
Mirror'e Edge ist ein geniales Spiel.
(Nun fragt sich sicherlich der eine oder andere Leser, warum ich dann die weniger guten Seiten so ausführlich weiter oben beschrieben habe, während die guten Seiten wirklich nur stichpunktartik abgehandelt wurden. Das hat eigentlich 2 Gründe:
1. Die guten Seiten sind ja nun schon ausführlich besprochen bzw. rezensiert worden
2. Die weniger guten Seiten werden gerade bei einem wirklich guten Produkt immer störender wahrgenommen als bei einem - ich schreib mal frei - schrottigen Produkt. Gerade Kritik verlangt oftmals nach einer weiterführenden Erklärung, da Kritik ja etwas konstruktives sein soll.
Warum ich nun so ausführlich die negativen Punkte beschrieben habe, hat einfach den Grund, dass Kritik ja (fast) immer etwas subjektives ist - selbst wenn sie objektiv zu sein scheint. Damit die Kritikpunkte aus meiner Sicht heraus nachvollziehbar für den Leser dieser Rezension sind, MUSSTE ich nunmal mehr bzw. ausführlicher darüber schreiben.)
Es hat Stil (den hat es wirklich), Charakter und einen sehr puristischen Charme. Die Idee an sich ist genial, ebenso die grafische Umsetzung (bis auf das AA) und der Sound.
Weniger toll ist die Story und deren Präsentation, die nicht wirklich dem eigentlichen Niveau des Spiels entspricht. Wäre die Story emotionaler präsentiert worden, dann hätte die eh schon kurze Spielzeit davon - zumindest subjektiv - sehr profitiert. (Hierfür der halbe Stern Abzug, das es das Spiel in seiner Gesamtheit leider schmälert.)
Die Steuerung ist sehr gut, allerdings haut die Abfrage mit der Umwelt manchmal nicht so ganz hin. Trotzem ist gerade das Erleben aus der Ich-Perspektive so einmalig und sehr atmosphärisch umgesetzt worden.
Die Freiheit komplett waffenlos vorzugehen nun zwar gegeben ist, der Schwierigkeitesgrad hierbei aber jedoch um einiges anzieht und teil unfair wird, geraden bei Gruppen.
Fazit:
Wer es anspruchsvoller - weil ohne Waffen spielbar - mag oder einfach über den Dächern der wundervoll puristischen Stadt seinen Parkour-Fantasien freien Lauf lassen will, dem sei Mirror's Edge ans Herz gelegt. Tolle Stimmung, tolle Grafikidee, toller Sound und eine einzigartige Ich-Perspektive.
Enttäuscht dürften gerade diejenigen sein, die es taktischer mögen bzw. "stealthier". Diejenigen sollten sich das Spiel erst ausleihen und dann für sich selbst entscheiden. Zu schematisch sind die Kämpfe und wirken im späteren Spielverlauf eher störend den zur Atmospäre beitragend.
Zum Wiederspielwert vermag ich zum jetzigen Zeitpunkt nichts zu schreiben, da ich es erst einmal durchgespielt habe. Jedoch, es wird sicherlich nicht das letzte mal gewesen sein. Als nächstes stehen Speedrun und Time-Trials an.
Viel Spaß an alle Spieler dieses tollen Unikats