01.12.2006
Mittelfeldgeplänkel
Fußball-Titel für Videospielkonsolen gibt es praktisch schon so lange wie ich denken kann, na ja, zumindest fast. Mittlerweile haben sich zwei bis maximal drei Größen auf diesem Sektor etabliert (Pro Evolution Soccer, FIFA und ISS), alle anderen Fußballsimulationen muss man inzwischen schon als Exoten bezeichnen. Da bei der einen Serie das Gameplay geradezu überragend ist und an Realismus kaum noch zu überbieten ist (PES) und die andere große Reihe aus dem Hause von Electronic Arts fast schon seit Generationen zwar nur ein mittelmäßiges Gameplay, dafür aber eine oft sehr beeindruckende Präsentation (FIFA) bietet, ist es für jede Version abseits dieser Mainstream-Ware sehr schwer geworden, ausreichend Beachtung zu finden.
Fast zeitgleich mit dem Start der Playstation-2-Konsole von Sony war eine neue Fußball-Reihe namens „This is Football“ geboren, Sony selbst wagte es also in der Tat, der mächtigen (obengenannten) Konkurrenz auf dem Fußball-Sektor die Stirn zu bieten. Heraus kamen dabei regelmäßig ganz brauchbare Versionen, die mindestens als grundsolide zu bezeichnen waren, aufgrund der hohen Meßlatte aber speziell in diesem Sportbereich konnte sich „This is Football“ letztlich aber nicht richtig durchsetzen, führte – wie eigentlich auch zu erwarten war – ein Schattendasein. Nicht anders sieht es bei „This is Football 2002“ aus, wobei allerdings zu sagen ist, dass erst auf den zweiten Blick bzw. nach einer gewissen Spielzeit auffällt, wieso wir es hier eben nicht mit einem Fußball-Hit zu tun haben. Die Mängel liegen im Detail, speziell im Gameplay, was schließlich dafür verantwortlich ist, dass die Langzeitmotivation – besonders im Solospielermodus – zu wünschen übrig lässt. Trotzdem handelt es sich keinesfalls um ein todlangweiliges oder gar unterdurchschnittliches Game – nicht, dass wir uns jetzt da falsch verstehen – ein echter Hit ist es aber wiederum auch nicht. Nichtsdestotrotz erschienen in den Folgejahren "beharrlich" weitere TIF-Fassungen, mir sind zumindest die Version aus 2002, 2003, 2004 und 2005 bekannt, wobei ich mich im Folgenden allerdings ausschließlich auf das PS2-Debüt, also die 2002er-Auflage konzentrieren möchte.
Wer den Vorgänger „Fußball Live“ schon von der alten Sony Playstation her kannte, wird sich bei „This is Football 2002“ ziemlich schnell einfinden, die Ähnlichkeiten sind nicht zu übersehen, sowohl was die Menüführung als auch den Spielverlauf an sich betrifft. Zunächst einmal wurde auch bei dieser 2002er-Fassung tief in die Tasche gegriffen, die Originallizenz hinsichtlich der Spielernamen wurde käuflich erworben, was heutzutage geradezu schon Pflicht, für mich persönlich aber nicht primär wichtig ist, da ich deutlich mehr Wert auf die Spielbarkeit lege, aber egal. Die Teams weisen allerdings Fantasienamen auf, anscheinend war das Budget dann dafür doch nicht ausreichend, macht aber auch nichts. Die Auswahl der zur Verfügung stehenden Teams ist allerdings gewaltig, können wir doch tatsächlich auf knapp 400 Mannschaften zurückgreifen, was meines Erachtens fast schon übertrieben viel ist, aber bitteschön, ich will mich ja gar nicht beschweren. Wem das noch nicht reicht, der kann sich seine Traumelf selber im Editor zusammenbasteln und die fünfzehn Grundfähigkeiten jedes einzelnen Spielers festlegen. Das ist ja nun wirklich nicht verkehrt, schätze ich. Am Spielumfang liegt es auf jeden Fall erst einmal nicht, dass sich "This is Football 2002" nicht in die Herzen der Fußball-Fans spielen konnte.
Auch was die Auswahl der Spielmodi betrifft, so finden wir einen angenehm großen Umfang vor, neben dem üblichen Freundschaftsmatch zum Einstieg gegen einen gleichgesinnten Mitspieler oder auch alleine gegen ein Computerteam existieren zahlreiche verschiedene Turniere, welche praktisch keine Wünsche offen lassen. Ob Kontinental-Wettbewerbe oder Turniere mit historischen Teams aus längst vergangenen (und möglicherweise auch vergessenen Tagen) und nicht zuletzt die Weltmeisterschaft sollten eigentlich für die entsprechende Langzeitmotivation sorgen. Dass dem letztlich doch nicht so ist, liegt an etwas anderem, wozu ich aber erst später zu sprechen kommen möchte. Bemerkenswert ist jedenfalls, dass sämtliche Turnierarten auch im Mehrspielermodus spielbar sind, dies ist natürlich außerordentlich zu begrüßen, gar keine Frage. Maximal können sogar acht Hobbykicker zum Joypad greifen, das entsprechend vorhandene technische Equipment (2 Multitaps à 4 Anschlüsse und natürlich 8 Joypads) vorausgesetzt, versteht sich. Simulationsfans werden vor Beginn eines Matches zumindest ansatzweise bedient, denn diese – mich eingeschlossen – schauen sich die Startaufstellung ihres Teams ganz genau an, entscheiden sich für eine Formation und Taktik und widmen sich Spezialvarianten wie Abseitsfalle und Pressing oder auch der Grundeinstellung (offensiv- oder doch mehr defensivorientiert). Selbstverständlich dürft Ihr Euren ganzen „Schlachtplan“ auch während der Partie völlig über den Haufen werfen, die Auswirkungen Eurer entsprechenden Marschroute sind jedenfalls in der Regel innerhalb kürzester Zeit auf dem grünen Rasen sehr gut erkennbar.
Die einzelnen Spieler haben individuelle Stärken und Schwächen, so dass Ihr je nach Begabung ein flottes Passspiel, weite Flankenschläge oder Dribblings bevorzugt, auch kleine Schwalbenkönige sind mit von der Partie, die immer wieder einmal ganz gerne einen Elfmeter für ihr Team herausschinden möchten, was ab und an dann auch wirklich gelingt, zumal sich manch ein Computerspieler nicht immer besonders intelligent verhält. Ein überhartes Einsteigen und erst recht brutale Tacklings entgehen dem Schiedsrichter aber so gut wie nie, es sei denn, er hat einen besonders schlechten Tag erwischt oder – was viel wahrscheinlicher ist – Ihr habt seine Intelligenz merklich heruntergeschraubt. Letzteres fände ich allerdings höchst albern, den ein oder anderen Kicker unter Euch, der es mit dem Realismus nicht ganz so ernst nimmt, mag dies aber womöglich durchaus ansprechen. Deutlich mehr solltet Ihr Euer Augenmerk – zumindest die ambitionierten Kicker – auf ein möglichst faires aber nichtsdestotrotz effektives Zweikampfverhalten legen, was in der Regel aber etwas Übung und auch Talent erforderlich macht.
Der erste richtige Schwachpunkt offenbart sich uns erst bei näherer Betrachtung. Mit zunehmender Spieldauer merken wir nämlich, dass die Intelligenz sowohl der Gegner als auch speziell der eigenen Teamkameraden regelmäßig deutlich zu wünschen übrig lässt. Ein gepflegtes Kombinationsspiel lässt sich daher nur sehr selten aufziehen und falls ein solches einmal gelingen sollte, war dies eher Zufall und das gegnerische Team einfach zu dämlich. Dies motiviert nicht gerade im hohen Maße, da hilft es auch nicht, dass die Steuerung sehr simpel ausgefallen ist, was den Anfänger zwar freuen, Fußball-Veteranen allerdings eher abschrecken wird. Einen besonders hohen Anspruch kann man „This is Football 2002“ somit nicht zusprechen, blinde Schläge nach vorne und ein eher unkontrolliertes „Kick and Rush“ sind (leider) die Folge, das gesamte Gameplay ist einfach zu undynamisch, der Funken will nie so richtig überspringen. Tiefe Steilpässe und ein intuitives „Laufen in die Gasse“ durch einen Mitspieler ist so gut wie nie der Fall, auch packende Sololäufe sind nur selten drin, ebenso Granaten-Kopfbälle oder ähnlich spektakuläre Aktionen. Dem unbeschwerten Drauflos-Kicken steht dies zwar grundsätzlich nicht im Wege und manch ein netter Spielzug lässt sich ab und an schon fabrizieren, doch mehr als ein (zu) unkomplizierter Gute-Laune-Kick ist dieser Fußball-Titel definitiv nicht.
Etwas besser sieht es da bei der Präsentation aus, auch wenn diese jetzt keine Ekstase in Euch auslösen wird. Die Optik wirkt insgesamt zu durchschnittlich, wenn auch die Spieler schön groß gezeichnet sind, das Design schön bunt ausgefallen ist, die Kamera regelmäßig gekonnt an das momentane Spielgeschehen heranzoomt und wir stets den Überblick behalten. Es hapert einfach an Detailreichtum und speziell äußerst gelungenen Animationen der Spieler, vieles wirkt zu steril und steif, phasenweise sogar extrem hölzern. Zu kantig und zu grob kommt die Polygongrafik rüber, richtig hässlich ist sie aber wiederum auch nicht, so pixelig wie noch beim Vorgänger sehen die Spieler hier zum Glück nicht mehr aus, wir haben es insgesamt (eben nur) mit solidem Durchschnitt zu tun. Dass es speziell in dieser Hinsicht im Zeitalter der PS2 schon ganz anders, sprich deutlich besser geht, haben die Jungs von Electronic Arts mit ihrer „FIFA-Reihe“ zumindest im Hinblick auf die Präsentation schon längst aufgezeigt.
Die Soundkulisse ist hier bei „This is Football 2002“ deutlich besser als die Optik und auf jeden Fall als „gut“ zu bezeichnen. Dies liegt weniger an dem Hintergrundgedudel – welches ja traditionell bei einem Fußballspiel eher belanglos sein dürfte – als vielmehr an den oft gut gelungenen Außengeräuschen, welche zumindest phasenweise für eine angenehm dichte Spielatmosphäre sorgen können. Ob zahlreiche Fangesänge oder die gelungen und vor allem häufig in Szene gesetzten Instrumente wie Tröten und Trommeln, an Abwechslung mangelt es hier nicht, selbst der Kommentator ist (überraschend) gut auf Zack, seine Sprüche passen größtenteils (dies ist bei Fußballspielen ja wirklich eher eine Seltenheit) zur jeweiligen Spielsituation und wiederholen sich nicht andauernd, da er über ein ausreichendes Repertoire an Sprüchen zu verfügen scheint. Schön sind die Momente, in denen der Geräuschpegel bei gelungenen Aktionen hörbar ansteigt, die Fankulisse ist mir jedenfalls sehr positiv in Erinnerung geblieben, in diesem Punkt hat Sony ganze Arbeit geleistet, darüber kann kein Zweifel bestehen.
Eine insgesamt doch zu simple Steuerung, ein größtenteils wenig intelligentes Verhalten sowohl der Mitspieler als oft auch der CPU-Teams, deutlich zu steife Animationen der einzelnen Spieler und insgesamt einfach zu wenig Spieldynamik sind die gravierenden Schwachpunkte dieses PS2-Titels. Demgegenüber stehen die Originallizenz, die Möglichkeit, zahlreiche individuelle Einstellungen vornehmen zu können, sehr viele Spielmodi, welche allesamt zu mehreren gespielt werden können und eine gute Soundkulisse. Nach Abwägung aller positiven und negativen Belange kann festgehalten werden, das es sich hier bei „This is Football 2002“ zwar keineswegs um einen müden Kick handelt, aber auch nicht um einen Vorzeige-Hit, demzufolge dieses Game früher oder später doch im Mittelfeld versumpfen wird. Die Konkurrenz aus dem Hause Electronic Arts und besonders Konami lassen „This is Football 2002“ von Sony über kurz oder lang eben doch alt aussehen, meine Spielspaßwertung in Höhe von 68% läst dies (hoffentlich) erahnen.
PLUS ---> Unkomplizierter Einstieg möglich, Original-Spielernamen, viele Spielmodi, zahlreiche Einstellungsmöglichkeiten, Multiplayermöglichkeiten, gute Soundkulisse
MINUS ---> Wenig intelligente Mitspieler erschweren guten Spielaufbau, teils ebenso dämliche CPU-Teams, nur durchschnittliche Polygonoptik, steife Spieleranimationen, wenig Spieldynamik, nicht langzeitmotivierend