05.12.2006
Donnernde Zugmaschinen in Europa
Wer dem Genre des Rennspielsports besonders viel abgewinnen kann, der kam und kommt mit den Konsolen Sonys bestens zurecht, denn sowohl die gute alte Playstation als auch die PS2 wurden und werden nach wie vor mit Rennspielen geradezu überflutet. Eher ein Schattendasein abseits der Arcade-Flitzer wie „Ridge Racer“, den Rallyesimulationen wie „Colin McRae Rally“ und den unzähligen Formel-1-Racern fristen Raserspiele von und mit schwergewichtigen LKWs, auch Trucks genannt. Dabei stellen die sogenannten „Race Trucks“ – der Name lässt es vermuten – eine Spezies dar, welche besonders kräftige Motoren aufweist, welche regelmäßig weit mehr 1000 PS aufbringen können und demzufolge nicht gerade langsam unterwegs sind. Dass die Kontrolle insbesondere der Zugmaschinen dabei wesentlich schwieriger ausfällt als bei „gewöhnlichen“ Rennautos, sollte nachvollziehbar sein, denn die Gefahr eines Umkippens ist hier viel größer. „Super Trucks“ für die Sony Playstation 2 stellt jedenfalls ein bemerkenswertes PS2-Game dar, bei dem auch nur halbwegs am Genre Interessierte mehr als nur einen flüchtigen Blick riskieren sollten. Zu den Gründen komme ich jetzt.
Insgesamt treffen wir hier bei „Super Trucks“ auf bekannte Marken die zum Beispiel MAN, Mercedes oder Caterpillar, zudem wurde offensichtlich die Originallizenz bezüglich der Meisterschaft der Super Trucks erworben, denn nicht nur Originalmarken, sondern auch sämtliche Kurse entsprechend der Realität. Erfrischend anders ist es daher, dass wir diesmal nicht im amerikanischen Gelände unterwegs sind, sondern durch die Pampa im heimischen Europa donnern, unter anderem sind nicht nur Skandinavien und Südeuropa dabei, sondern auch Sachsen, denn der dortige Ring in der Lausitz gibt sich die Ehre. Noch mehr Realitätsnähe beweisen wird durch die Tatsache, dass sogar Rennställe wie auch Piloten diejenigen sind, die auch in Wirklichkeit ein ordentliches Wörtchen um die Super-Truck-Meisterschaft mitzureden haben. Der hang zum Realismus wurde dabei angenehmerweise nicht übertrieben, denn im Hinblick auf die Kontrolle der schwer zu zähmenden Zugmaschinen wurden dann doch einige Kompromisse eingegangen, um das Ganze nicht überaus schwer werden zu lassen. Eine spezielle Driftsteuerung für die scharfen Kurven existiert nämlich eigentlich gar nicht, kommt hier aber regelmäßig zur Anwendung. Des Weiteren gibt es hier offensichtlich keine Tempobegrenzung, so wie eben in der richtigen Meisterschaft, hier darf noch weitaus schneller um die Wette gerast werden, bei 180 km/h ist noch lange nicht Schluss. So wird das Renngeschehen auf der PS2 wesentlich spektakulärer, denn durch die wesentlich höhere Geschwindigkeit und die Driftmanöver in den Kurven kommt natürlich deutlich mehr Schwung in die Szenerie. Hätten das Entwicklerteam mehr Wert auf Realismus gelegt, wären die Rennen aller Voraussicht nach zumindest auf dem Fernsehbildschirm zu unspektakulär rübergekommen, schätze ich. So aber wurde das kleine Problem doch ziemlich elegant gelöst. Fand ich jedenfalls.
Wem das noch nicht reicht, darf neben der „normalen“ Steuerung und der bereits erwähnten Drift-Variante, in denen Ihr besonders leicht und locker durch die Kurven donnert, auch noch fleißig im Editor basteln und an zahlreichen Einstellungen im Set-Up-Menü selber Hand anlegen. Insbesondere im Hinblick auf die Reifen, Achsen, Gewichtverteilung und Federung gibt es mehrere Optionen, die auf Wunsch verändert werden können. Etwas mehr Abwechslung bzw. eine taktische Note wird den Meisterschaftsrennen dadurch verliehen, indem auf die Kühlung der Bremsanlage geachtet werden muss: durch mehrmalige Betätigung der Bremsen werden diese nämlich schnell ziemlich heiß, speziell die Bremsscheiben bedürfen einer regelmäßigen Kühlung. Der Vorrat an Kühlwasser ist hier bei „Super Trucks“ aber begrenzt, so dass ein unnötiges Bremsen vermieden werden sollte, damit sich die Scheiben ab und an auch ohne Kühlwasser abkühlen können. Wer sauber fährt und die Kurven schon möglichst früh im richtigen Winkel und Tempo anfährt, wird somit auf Dauer belohnt, blindes Drauflosrasen im Arcade-Stil ohne Rücksicht auf Verluste – oder hier besser gesagt auf den Kühlwasservorrat – bringt Euch nicht allzu weit. Das ist auf jeden Fall sehr zu begrüßen, wie überhaupt die Rennverläufe interessant und größtenteils spannend sind, selten bis gar nicht unfaire Stellen aufweisen und zum Glück nicht allzu schnell langweilig werden. Das gute Fahrgefühl auf der Strecke, welches sehr realistisch wirkt, spricht für eine realistische Fahrphysik und sorgt somit zusätzlich für eine ansprechende Rennspielatmosphäre.
Schließlich gibt es auch im Hinblick auf die vorhandenen Spielmodi nicht viel zu bemängeln, denn neben den Einzelrennen und dem Rasen auf Zeit dürfen wir an einem umfassenden Meisterschaftsmodus teilnehmen, bei der wir auf Wunsch vorab eine Qualifikation bestreiten, um uns einen möglichst guten Startplatz im anschließenden Hauptrennen ergattern zu können. Nicht vergessen wurde hierbei der Mehrspielerspaß, denn zumindest zu zweit donnern wir im Splitscreenmodus über den Asphalt, wobei erfreulicherweise auch bis zu drei CPU-Fahrer weiterhin mit von der Partie sind. Gut abgerundet wird das Ganze durch einen Modus, den ich persönlich jetzt als eine Art „Last-Man-Standing“ bezeichnen würde: hierbei fliegt nach jeder Runde der momentan Letztplatzierte aus dem Rennen und dies solange bis schließlich nur noch ein Super Truck übrig bleibt. Schade ist allerdings, dies will ich nicht unter den Tisch fallen lassen, dass uns insgesamt nur sieben unterschiedliche Rennstrecken erwarten, dies ist dann doch ein bisschen wenig, schätze ich. Ansonsten gefällt dieses Game durch seinen hohen Actiongehalt, den Grad an Abwechslung und dem guten Fahrgefühl, zumindest für wenige Wochen sollte dieses Raserspiel motivierend genug sein.
Auch an der Präsentation von „Super Trucks“ gibt es nicht besonders viel zu mäkeln, speziell die Optik ist überdurchschnittlich gut und gefällt vor allem durch die sehr groß und schön detailliert gezeichneten Mega-Trucks, das farbenfrohe und abwechslungsreiche Design der Rennstrecken sowie durch die Tatsache, dass es zumindest im Solospielermodus so gut wie gar nicht zu lästigen Rucklern kommt, die Grafik bleibt konstant flüssig und dies auch bei hohem Tempo und dem Aufkommen mehrerer Fahrzeuge, insbesondere bei Massenunfällen. Lediglich auf dem geteilten Bildschirm im Splitscreenmodus fällt die Grafik durch die ein oder andere Ruckelpassage auf, das will ich nicht verleugnen, hier geht die Bildrate manchmal leider doch zumindest etwas in die Knie, wie es scheint. Schließlich wird sich das überwiegend flüssige Gameplay dadurch „ergaunert“, dass die Hintergrunddetails, sprich das, was sich abseits der Rennstrecke abspielt, doch sehr detailarm ausgefallen ist, hier dominieren eindeutig die eher tristen Hintergründe. Diese sehen zwar keineswegs hässlich aus, nicht dass wir uns jetzt hier falsch verstehen, doch bis auf ein paar Baumkolonnen und das ein oder andere Häuschen am Streckenrand gibt es bis auf den freien Himmel in der Regel keine sonderlichen Details zu bestaunen, relativ einfache Texturen prägen das Bild. Aber gut, lieber so als umgekehrt, da bevorzuge ich doch eindeutig den flüssigen Rennverlauf mit etwas weniger grafischen Spielereien im Background. Die Soundkulisse ist eher nur solides Mittelmaß, diese als überdurchschnittlich gut zu bezeichnen, würde ihr eher schmeicheln, schätze ich. Der zumeist rockige Soundtrack geht zwar noch halbwegs in Ordnung, wirkt auf Dauer dennoch etwas uninspiriert, zu abwechslungsarm und vor allem insgesamt zu wenig mitreißend präsentieren sich dieser. Passend gewählt sind die Musikstücke aber schon, doch deutlich besser kommen die Außengeräusche rüber, doch alles in allem vermisse ich hier so richtig spektakuläre Soundeffekte, zu unaufgeregt kommt das Ganze in akustischer Hinsicht rüber. Solide und somit durchschnittlich ist der Sound aber auf alle Fälle. Wenn Ihr mich fragt, sind speziell die Motorengeräusche das Beste, was der Sound zu bieten hat, das Gedudel im Hintergrund ist hingegen eher vernachlässigenswert und auf Dauer auch zumindest ein bisschen nervtötend.
Empfehlen kann ich Euch „Super Trucks“ auf jeden Fall und dies in erster Linie deswegen, weil die richtig deftigen Mängel ausbleiben und das Donnern durch die Walachei mit gewaltigen Trucks in der Rennspiellandschaft noch nicht ganz so verbreitet ist. Die einzelnen Spielmodi machen Laune, wenn auch der Zweispielermodus sicherlich keine neuen Maßstäbe setzt und meines Erachtens der Meisterschaftsmodus für den Solospieler nicht nur den Kernpunkt sondern zugleich auch den größten Pluspunkt darstellt. Gefallen hat mir insbesondere die Originallizenz bezüglich der Trucks, der Rennställe, der Piloten und nicht zuletzt der sieben europäischen Rennstrecken, des Weiteren überzeugt die Grafik nahezu ausnahmslos, insbesondere die schwergewichtigen Zugmaschinen werden vorzüglich in Szene gesetzt. Weitere Pluspunkte sammelt dieses Rennspiel durch eine gute Fahrphysik und die leichte taktische Note bezüglich der erforderlichen Kühlung der Bremsen. Die Steuerung geht hier ebenso in Ordnung wie auch die Kameraführung, größere Ungenauigkeiten geschweige denn Ärgernisse sind hier zum Glück Fehlanzeige. Möglicherweise ist die Langzeitmotivation nicht gerade die herausragende Stärke dieses PS2-Titels, denn so wahnsinnig viel zum erneuten Durchzocken direkt im Anschluss reizt hier wahrscheinlich nichts. Trotz allem macht es Laune, auch nach einer längeren Pause, diese DVD wieder hervorzukramen, denn das Brettern mit den mächtigen Zugmaschinen über den (zumeist) glühenden Asphalt macht zumindest kurzfristig immer wieder aufs Neue Laune, schätze ich. Großer Konkurrenz auf der PS2 muss sich „Super Trucks“ zumindest nicht erwehren, massig überdurchschnittlich gute Titel speziell in diesem Bereich gibt es nämlich nicht. Meine Spielspaßwertung fällt mit 73% demnach noch ziemlich gut aus.
PLUS ---> Originallizenz, gelungene Darstellung der großen Zugmaschinen, nahezu konstant flüssige Optik, gute Motorengeräusche, gelungene Steuerung, taktische Note durch Kühlung der Bremsscheiben, interessante Spielmodi, gute Fahrphysik
MINUS ---> Hintergründe detailarm, auf Dauer langweiliger Soundtrack, Grafikruckler im Splitscreenmodus, zu wenig Rennstrecken