25.07.2007
Schnetzel-Meisterwerk
Klipp und klar kann ich im vorliegenden Fall die erfreuliche Nachricht verkünden: „Onimusha 3 – Demons Siege“ ist ein fabelhaftes Actionadventure, welches nicht nur in seinem Genre die höchsten Ansprüche erfüllt. Bis auf kleine Winzigkeiten – die gibt es aber quasi immer – stimmt hier praktisch alles. Machen wir es einmal in umgekehrter Reihenfolge und nennen die einzigen beiden Negativpunkte gleich vorweg: es fehlt ein Mehrspielermodus (was sehr schade ist, denn insbesondere einen Koop-Modus könnte ich mir sehr reizvoll vorstellen) und der Spielverlauf ist streng linear, was bedeutet, dass wir keinerlei erwähnenswerten Spielraum besitzen (zwar dürfen wir uns an den Schauplätzen solange aufhalten, wie wir möchten und auch gerne später wieder einmal vorbeischauen, doch in der Regel klappern wir brav alles nacheinander ab). Sicherlich sind diese beiden Aspekte nicht ganz ohne, doch bedenkt man, dass in allen übrigen Bereichen, die ein Top-Videospiel ausmachen, es null zu bemängeln gibt, ja dann lässt sich bestimmt jetzt schon erahnen, mit welch hohem Kaliber wird es hier zu tun haben. Erschienen ist dieser Knaller übrigens ausschließlich für die Playstation 2 (wie bereits die beiden Vorgänger), kam im Jahr 2004 auf den Markt, wurde von Capcom entwickelt und war die 60e allemal wert, die man anfangs noch berappen musste.
Wer bereits den ein oder anderen Bericht von mir gelesen haben sollte, dem wird womöglich aufgefallen sein, dass ich mich nicht scheue, auch kleinere negative Dinge, die eventuell erst auf den zweiten oder dritten Blick auffallen, zu nennen. Hier bei „Onimusha 3 – Demon Siege“ muss man solche Ungereimtheiten tatsächlich mit der Lupe suchen, im Grunde weiß ich kaum, mit was für einem positiven Bereich ich zuerst anfangen soll. Wer einen drögen Ableger der sehr gelungenen ersten beiden Teile erwartet, reibt sich schon ziemlich zu Beginn dieses Abenteuers verwundert die Augen: unser doch sehr schweigsamer Protagonist Samanosuke bekommt Gesellschaft! Ihm steht ein französischer Polizist zur Seite bzw. dessen Steuerung wir im weiteren Verlauf des Abenteuers öfters übernehmen dürfen. Erfreulicherweise stellt dies keinen unangenehmen Stilbruch dar, ganz im Gegenteil, es stellt sich als sehr erfrischendes Element heraus, zwischen den beiden Hauptfiguren wechseln zu dürfen, zumal sich die beiden Charaktere von ihrem Wesen her deutlich unterscheiden, ungleicher kaum sein könnten. Der deutlich modernere Touch insbesondere bezüglich der Thematik ist unübersehbar, doch als störend wird dies wahrscheinlich niemand von uns empfinden, schätze ich.
Als Oberschurke fungiert wieder einmal Fürst Nobunaga, der einfach unkaputtbar zu sein scheint und mittlerweile aufgrund seiner unentwegten Greueltaten traurige Berühmtheit erlangt haben dürfte. Standardmäßig kann er auf Heerscharen an treuen Gefolgsleuten bauen, welche ihm ordentlich dabei helfen, Angst und Schrecken zu verbreiten. Erschwerend kommt nunmehr hinzu, dass jenes Gesocks doch tatsächlich in den Besitz einer Zeitmaschine gelangen konnte, die fürchterlichen Konsequenzen lassen sich somit unweigerlich erahnen und werden prompt Realität. Es ist die französische Hauptstadt, welche das Objekt der Begierde des Bösen ist, so dass es nicht lange Dauer, bis der Terror in Paris Einzug hält: wahre Unmengen an Untoten tauchen dort urplötzlich auf und richten ein schreckliches Blutbad nach dem anderen an. Dies schreit geradezu nach Action und so überrascht es sicherlich wenig, dass wir in der Folgezeit mit unseren beiden Protagonisten alles niederschnetzeln, was auch nur im Ansatz nach einem Zombie oder einer ähnlich gearteten Kreatur aussieht.
Ansonsten gibt es allerdings zahlreiche Überraschungen bzw. komplette Neuerungen von großer Tragweite, die im Vergleich zu den beiden Vorgängern hier bei „Onimusha 3 – Demon Siege“ eingebaut wurden. Umso erstaunlicher, dass jene Wagnisse allesamt gelungen sind und durchweg eine klare Verbesserung der ohnehin schon sehr ordentlichen früheren Teile darstellen. Punkt 1: die Steuerung. Vorbei sind die Zeiten des Navigierens mit dem Steuerkreuz, endlich! Stieß dies doch spätestens im (ansonsten sehr brauchbaren) zweiten Teil unangenehm auf, so wurde dieser Makel zum Glück endgültig beseitigt. Wir freuen uns somit über alle Maßen über die Einführung des Herumstreunens per Analogstick, was wirklich aber auch langsam Zeit wurde, um ehrlich zu sein. Punkt 2: die Landschaften, denen wir im Laufe der Zeit die Ehre unserer Anwesenheit erlauben, sind komplett in Polygongrafik gestaltet, die Zeiten der teils tristen Texturlandschaften sind offensichtlich vorbei. Zur grafischen Darstellung später an anderer Stelle aber noch mehr. Punkt 3: unser brandneuer Co-Charakter steuert sich zwar identisch wie unser Samurai-Veteran, bedient sich allerdings völlig anderer Mordwerkzeuge. Während Samanosuke primär auf seine überragenden Schwertkünste vertraut, greift Blanc – so der Name unseres Franzosen – nur allzu gerne auf beeindruckende Peitschen zurück, mit denen er es nicht nur ordentlich krachen bzw. knallen lässt, sondern auch elegant kleine und größere Abgründe überwindet. Das hat was, überhaupt keine Frage, bringt es doch definitiv mächtig frischen Wind ins Gameplay, kein Zweifel.
Und schließlich zwei Sachen noch: Blondine Michelle – ihres Zeichens auch Polizistin und (wer hätte das angesichts des Namens gedacht?) auch mit französischem Blut - gibt sich hier ebenfalls ab und an die Ehre und begleitet uns immer wieder aufs Neue auf unseren gefahrvollen Wegen, später entwickelt sie sich sogar zu einer sehr ernstzunehmenden Amazone, wow. Auch in ihre Haut dürfen wir mitunter schlüpfen, wogegen wir ganz und gar nichts einzuwenden haben, versteht sich. Doch damit noch nicht genug, eine Fee namens Aku ist auch noch mit von der Partie, die uns vornehmlich sowohl als Dolmetscherin als auch wertvolle Hilfe beim Lösen der auftauchenden (anspruchsvollen!) Rätsel dient. Da es ihr – als Einzige – möglich ist, durch die Zeit zu reisen, kommt ihr ein wesentlicher Part im gesamten Abenteuer zu, ohne ihre Unterstützung wären wir an bestimmten Stellen aufgeschmissen. Sie stellt quasi das Verbindungsstück zwischen Samanosuke und Blanc dar und fungiert somit des Öfteren als eine Art Medium. Die übrigen Rätsel bieten zwar Standardkost (Symbole richtig miteinander kombinieren, Suche nach Schlüsseln und das altbekannte Knacken der Truhen mit – falls vorhanden – ordentlich Hirnschmalz), unterhalten aber dennoch gut, vor allem sorgen sie dafür, dass wir zu keiner Zeit das Gefühl haben, im Grunde lediglich die Zombies quasi am Fließband abzumurksen. Charismatische sehr unterschiedliche Charaktere finden wir also unzweifelhaft vor, die zusammen erst ein stets Voranschreiten möglich machen. Sehr, sehr schön. Fakt ist jedenfalls: die Story ist spannend, nicht vorhersehbar und präsentiert uns individuelle Charaktere, die eine enge Bindung durch die hohe Identifikation mit ihnen erst so richtig möglich machen, bravo.
Erwähnenswert sind des Weiteren die spektakulären Auseinandersetzungen mit den Bossgegnern: Eisdrache, Cyborg, Hexen und Oberzombies sind unter anderem am Start und machen uns das Leben wahrlich nicht leicht. Unfaire Passagen gibt es äußerst selten, doch bedarf es zweifellos einer überdurchschnittlichen Begabung und Ausdauer, um langfristig Erfolg zu haben: beobachtet möglichst die Obermotze genau, um im richtigen Moment auf die richtige Art und Weise blitzschnell zuzuschlagen und schnell wieder ausweichen zu können, Blocken und Konterattacken inklusive, versteht sich. Abwechslung vom Schnetzelalltag bzw. heißersehnte Erholungsphasen gibt es in Dörfern bzw. kleineren Städtchen und natürlich – erneut – an speziellen magischen Spiegeln, wo sich der Fortschritt nicht nur speichern lässt, sondern auch die zahlreichen durch das erfolgreiche Abschlachten erworbene Seelen in überlebenswichtige Features wie größere Maximalenergie in punkto Hitpoints und Magiepunkte sowie Upgrades der einzelnen Waffen umtauschen lassen. Schließlich locken den Interessierten nette Boni nach erfolgreichem erstmaligem Durchzocken in Form von Extra-Outfits, Bonusmodi und sogar einem kleinen aber feinen Nebenhandlungsstrang. Ein Koop-Modus wäre jetzt sicherlich das Nonplusultra gewesen, aber leider finden wir einen solchen nicht vor, schade.
Stimmt im Hinblick auf die Handhabung, Spielatmosphäre und Abwechslungsreichtum nahezu alles, so ist es umso schöner, dass wir uns auch hinsichtlich der grafischen und akustischen Mittel auf einem ebenso hohen Niveau befinden. Auch hier gibt sich „Onimusha 3 – Demon Siege“ keine Blöße. Die sehr schönen Polygonlandschaften erwähnte ich bereits, insbesondere die Hintergründe sind ganz und gar nicht langweilig, zudem uns die größtenteils sehr gute Perspektive in Verbindung mit dem oftmals weiten Horizont tief in die Materie eintauchen lässt und dem Game insgesamt ein Suchtfaktor definitiv nicht abzusprechen ist. Der fantastische Vorspann (sehenswert!) entpuppt sich somit nicht als billiges Lockmittel, woraufhin die Spielgrafik im weiteren Verlauf enttäuscht, keineswegs! Große sehr ansprechend modellierte Figuren, geschmeidige Animationen, eine sehr dynamische Kameraführung und vor allem brillante Spezialeffekte während der Kämpfe (Licht, Feuer, Blitz) machen ordentlich Dampf und sorgen für einen hohen Spielspaß. Zudem begrüßen wir deutsche Bildschirmtexte, eine sehr ordentliche Synchro sowie einen 60-Hz-Modus, lediglich das 16:9-Breitbildformat bleibt außen vor. Die Soundkulisse kann da problemlos mithalten, denn sowohl die wunderbare stets zum Geschehen passenden Melodien, abwechslungsreichen Soundeffekte (wenn auch leider nicht in Surround) als auch vorzügliche englische Sprachausgabe stellen glasklare Pluspunkte dar. Dieser dritte Onimusha-Teil ist somit auch im Hinblick auf die Präsentation ein echter Genuss und gehört demnach definitiv zur crème de la crème auf der Playstation 2.
Es gibt letztlich nur wenig zu beanstanden: kein Multiplayer, etwas wenig abwechslungsreiche Kämpfe und ein streng linearer Spielverlauf sind hier zu erwähnen und dürfen auch nicht unter den Teppich gekehrt werden. Die Palette an positiven, teils überragenden Elementen ist jedoch riesengroß: bombastische Optik, mitreißende Soundkulisse, spannende Story mit Überraschungen, nette Boni, sehr unterschiedliche und charismatische Charaktere, abwechslungsreicher Spielverlauf bzw. innovative Spielideen und (endlich) eine Top-Steuerung sorgen für ein Actionadventure-Festmahl. Genre-Fans greifen sowieso zu, aber auch Gelegenheitszocker müssen unbedingt mehr als nur einen flüchtigen Blick auf dieses Meisterwerk werfen. Spielspaßwertung: glatte 90%.
PLUS --> Spannende Story mit Überraschungen, Kracher-Optik, Knaller-Soundkulisse, charismatische Protagonisten, abwechslungsreicher Spielverlauf, interessante Boni, sehr gelungene Steuerung, saubere Kameraführung, teils anspruchsvolle Rätsel
MINUS --> Multiplayer bleibt außen vor, Kämpfe vom Prozedere her auf Dauer zu eintönig, streng linearer Spielverlauf erlaubt quasi keinerlei Freiheiten