17.01.2004
"History abhors a paradox..."
Die Videospielreihe "Legacy of Kain" - mit "Defiance" nun aus 5 Spielen bestehend - dreht sich um das Schicksal der Fantasy-Welt Nosgoth, die sowohl von Menschen als auch von Vampiren bevölkert wird. Das Wohl dieser Welt ist untrennbar mit dem Wohl der 9 Säulen von Nosgoth und dem geistigen Zustand ihrer Hüter verbunden. Eines Tages - wie könnte es anders sein - gerät ganz Nosgoth aus der Balance ; Der Vampirfürst Kain, einer der letzten seiner Rasse, macht sich auf, diese Balance wieder herzustellen.
Die zweite Hauptfigur in dieser jahrhunderteumspannenden Geschichte, in der es hauptsächlich um das Schicksal geht und den Willen, jenes verhängnisvolle Schicksal zu ändern, ist Raziel, Kains erster Statthalter. Von seinem Schöpfer und Meister scheinbar grundlos verraten und beinahe zerstört, sinnt Raziel, nun bestenfalls noch ein Schatten seiner selbst, auf Rache und verfolgt Kain mittels Zeitreisen durch die verschiedenen Epochen Nosgoths und findet mehr und mehr über seine Vergangenheit und seine Bestimmung heraus.
Das mag natürlich für den Anfang verwirrend klingen. Wenn man die Spiele selbst spielt und sich auf den Inhalt einlässt, kann man dennoch - mit viel Aufmerksamkeit - mit großem Vergnügen die wohl komplexeste Fantasy-Story miterleben, die die Welt der Videospiele zu bieten hat.
"Legacy of Kain : Defiance" schließt lückenlos an "Soul Reaver 2" an. Kain hat die Geschichte umgeschrieben und Raziels grausames Schicksal - vorerst - abgewendet. Dennoch wittert Raziel an allen Ecken und Enden Verrat und Manipulation und traut Kain daher genausowenig über den Weg wie den meisten anderen Figuren, denen er auf seinen Reisen begegnet.
Obwohl der untote Racheengel nichts lieber täte, als Kain endlich zu beseitigen, findet er sich dennoch immer wieder, wenn auch notgedrungen, in Zusammenarbeit mit selbigem, denn in den Augen der feindlichen Reihen sind sie Komplizen. Und derweil dreht sich das Rad des Schicksals scheinbar unaufhaltsam weiter. Die Zeit arbeitet gegen unsere "Helden"...
Fans werden sich sicherlich freuen zu hören, dass sie in diesem Spiel endlich sowohl Kain als auch Raziel spielen können !
Nun zu den Stärken und Schwächen des Spiels :
Graphisch hat sich natürlich wieder einiges getan. Raziel, Kain und der Rest von Nosgoth und seinen Bewohnern sehen besser aus als je zuvor, wenn das Ganze auch - meiner Meinung nach - etwas mehr zum typischen Comic-Look tendiert als vorher. Achtung : KEINE Cellshading-Technologie ! Das Spiel erstrahlt wie seine Vorgänger in einer hervorragenden und beinahe schon lebensechten 3D-Graphik. Es wurden an den Modellen aller Hauptfiguren im Design geringfügige Änderungen vorgenommen, die aber wahrscheinlich nur den Fans auffallen dürften, und die meisten dieser Änderungen sind zum Besseren geschehen.
Ein GROßES Manko an der Spielbarkeit stellt die Kameraführung dar. Anstatt einer Kamera, die frei beweglich ist und im Normalfall dem Spieler in Rückenansicht folgt wurde nun eine in jeder Szene mitschwenkende Panorama-Kamera verwendet, mit dem Ziel, das Spiel mehr wie einen Film wirken zu lassen. Dies gelingt zwar, allerdings macht sie die Steuerung in Kämpfen und bei so mancher waghalsigen Sprung-und-Gleit-Einlage schwierig bis fast unmöglich. Es wäre für mich vergeblich, zusammenzurechnen, wie viele Minuten ich in den vergangenen Tagen geflucht habe, nur weil ich von einem Gegner erschlagen wurde, der nicht im Bild war, oder anstatt auf der erwünschten Felsklippe nach einem weiten Sprung im unendlichen Nichts gelandet bin.
Letztendlich können mich jedoch auch diese rasanten Kamerafahrten einfach nicht dazu bewegen, einen Stern abzuziehen.
Die Steuerung ist, verglichen mit den vorangegangenen Spielen, schwieriger geworden, dafür bietet "Defiance" jedoch mehr Neuerungen als ich es mir hätte träumen lassen ! Neue Upgrades für die Schwerter der untoten Helden, innovative und nicht weniger gewaltige Reaver Spells (ähnlich den magischen Glyphen aus Soul Reaver 1) und neue, nun mehr auf die Umwelt bezogene Rätsel, die den Spieler vor ein Rennen gegen die Zeit stellen sind nur wenige Neuerungen, grob zusammengefasst.
Sicherlich hervorstechend ist die neue Kampfsteuerung. War sie schon in den vorigen Spielen gut, ließ sie doch auch etwas zu wünschen übrig - es entstand absolut KEIN Luftkampf.
Dies hat sich geändert. Sowohl Kain als auch Raziel lernen im Laufe des Spiels eine ganze Reihe von Hieb-und-Schlag-Combos, die den Gegner am Boden UND in der Luft förmlich zerschmettern ; insgesamt sind die Kämpfe SEHR viel schneller geworden. Das Kampfsystem wurde inspiriert (meiner Meinung nach fast schon 'kopiert') von "Devil May Cry".
Einziger Nachteil an der neuen Vielfalt an Attacken : Zugunsten selbiger wurde auf weiteres Arsenal an Waffen (Schwerter, Säbel, Dolche, Lanzen, Helebarden etc.) verzichtet. Sowohl Kain als auch Raziel sind 'nur' mit ihrer jeweiligen Version des Soul Reavers ausgerüstet. ... Schade eigentlich, aber man kann nicht alles haben.
Alles in allem besteht das Spiel zu 60-65% aus Kämpfen und zum Rest aus Rätseln ; diese Rätsel snd zwar genaugenommen zum größten Teil nichts anderes als Schlüsseljagden, werden aber trotzdem nicht langweilig.
"Legacy of Kain : Defiance" wartet dazu mit freispielbarem Bonusmaterial auf, welches sowohl die altbekannten Boni aufweist als auch Neuerungen (man kann z.B. die komplette Story, wie es in Soul Reaver 2 war, nicht nur nachlesen, sondern die kompletten Zwischensequenzen abspielen !); Desweiteren enthält es ca. 65 Minuten an Videomaterial.
Achtung : Da dieses Spiel Vampirismus pur bietet ist es folglich extrem blutig und sollte nicht von Jugendlichen unter 16 Jahren gespielt werden !
Wer mit "Legacy of Kain" vertraut ist, wird um einen Kauf dieses neuesten Spiels der Reihe nicht herumkommen. Aber auch generell Jedem, der etwas für Vampire, Schwertkampf, Magie, gut durchdachte Storylines und für Fantasy im mittelalterlichen Gothic-Look übrig hat, kann ich dieses Spiel wärmstens empfehlen !!!!