13.04.2006
Zeitfresser mit kleineren Makeln
Hinsichtlich des Preis-Leistungs-Verhältnisses ist Final Fantasy X ein echter Brecher. Wenn man bedenkt, dass man für die wenigen investierten Taler locker 150-250 Stunden spielen kann - je nach Routine und spielerischem Ehrgeiz - kann sich das schon sehen lassen.
Ich habe zu Final Fantasy X eine echte Hass-Liebe entwickelt. Die positiven Aspekte überwiegen zwar deutlich, aber es gibt ein paar nervige Kleinigkeiten - manche davon gar nicht mal so klein - die einem die Freude teilweise ganz schön verhageln können. Aber schön eins nach dem anderen. Fangen wir mit den schönen Dingen des Lebens an:
Final Fantasy X ist ein klassisches Rollenspiel, in dem sich eine kleine Gruppe von Heldinnen und Helden im Rahmen einer epischen Geschichte auf den Weg macht, um die Welt von einem größeren Übel zu befreien. Jede Figur hat ihre eigene Hintergrundgeschichte, eigene Waffen und Rüstungsgegenstände sowie Spezialfertigkeiten. Neben dem typischen Monster-Versemmeln, Erfahrung sammeln, Attribute steigern, Geld horten und neue Ausrüstung finden bietet FFX jede Menge Leckerchen, die für reichlich Abwechslung sorgen:
1.) Yuna verfügt über die Fähigkeit, im Kampf große Bestien zu beschwören, die viele schwierige Kämpfe spürbar erleichtern. Diese Bestien können später auch trainiert und mit neuen Fähigkeiten und Zaubern ausgestattet werden. Und es gibt ein paar versteckte Bestien - die man erst erringen muss - mit atemberaubenden Fähigkeiten.
2.) Rikku, die Diebin der Gruppe, kann während des Kampfes Kreaturen bestehlen oder bestechen. Dadurch erhält sie besondere Gegenstände, mit denen man Waffen und Rüstungen aufbessern und mit allerhand Fähigkeiten versehen kann. Jede Waffe/Rüstung verfügt hierfür über 1-4 Slots. Die Liste der Sonderfähigkeiten reicht von Schutz und Extraschaden bis zu vermehrten XP und besseren Gegenständen nach dem Kampf.
3.) Jeder Charakter verfügt über eigene Special-Moves, die teilweise spektakülär anzuschauen sind und den Kämpfen zusätzliche taktische Tiefe verleihen.
4.) Neben dem Vermöbeln von Monstern gibt es auch mehrere Tempel, in denen eher das Puzzlen und Tüfteln im Vordergrund steht. Durch den geschickten Einsatz von Sphären und das Verschieben von Steinblöcken muss sich die Gruppe durch die Tempel bahnen und kann dabei noch einige schöne Schätze abgreifen.
5.) Die Handlung wird in zahlreichen Videosequencen weiterentwickelt. Ich weiss nicht, wieviele Stunden Spielzeit allein auf das Anschauen der Zwischensequenzen entfallen, aber ich würde sagen, es sind wenigstens fünf Stunden!
6.) In die Haupthandlung eingebettet sind verschiedene Mini-Spielchen und Quests, die zwar zum Lösen des Spiels nicht erforderlich sind, aber einen Heidenspass machen (und teilweise unendlich viel Zeit fressen!). Genannt seien hier nur zum Beispiel das Erwerben der Ultimativen Waffen für jeden Charakter, das Bestücken eines Zoos durch spezielle Käfig-Waffen, die Teilnahme an Chocobo-Rennen und - natürlich - BLITZBALL!
Mit Blitzball ist es wie mit vielen Dingen bei FFX - wenn man damit anfängt, fällt es erstmal schwer, sich dafür zu begeistern, weil man die Feinheiten noch nicht beherrscht und weil es sich recht schleppend anläßt. Aber wehe, wenn man erstmal die Lernphase überwunden hat... dann vergisst man ganz schnell, dass es in dem Spiel noch um etwas anderes geht. Die taktische Tiefe von Blitzball ist einfach genial. Zweimal fünf Spieler versuchen, einen Ball ins gegnerische Tor zu befördern und verschiedene Statuswerte entscheiden darüber, wie erfolgreich man bestimmte Aktionen wie Pässe, Schüsse, Angriffe und Abfangaktionen meistert. Dazu kommen mit fortschreitender Erfahrung noch dutzendweise Spezial-Moves, mit denen man Gegner z.B. schwächen oder einschlafen lassen kann. Man muss bei diesem Spiel höllisch darauf achten, dass man die richtige Ballance hält, sonst gewinnt man irgendwann keinen Blumentopf mehr.
Viele Aspekte von FFX sind hochgradig motivierend bis hart an die Suchtgrenze. Egal, ob man nun seine Charaktere bis zum Anschlag aufpowern, von allen Special-Items 99 sammeln, für den Zoo alle Exemplare fangen, seine Waffen und Rüstungen in göttliche Bereiche tunen oder einfach nur Blitzball zocken möchte bis zum Anschlag.
Nach soviel Lob und Preis möchte ich noch ein paar Worte über die Schwächen und Nervigkeiten des Spiels verlieren.
a.) Ich finde es nicht fair, dass man bestimmte Details des Spiels auch durch noch soviel Pfiffigkeit herausbekommen kann! Ich habe mir nach einigen Wochen Spiels den Guide gekauft und entdeckte darin viele Dinge, auf die man einfach nicht kommen kann. Woher soll man z.B. wissen, dass man durch 200-maliges Blitzausweichen (was ewig lange dauert!) erst ein wichtiges Quest-Item bekommt? Oder die genauen Bestechungs-Summen, um von Monstern tolle Gegenstände zu erhalten, bevor sie sich verabschieden?
b.) Man kann Zwischensequenzen nicht abbrechen. Das geht einem vor allem dann auf den Senkel, wenn man vor einem harten Endkampf immer wieder fünf bis zehn Minuten lang die gleiche Sequenz sehen muss.
c.) Bis kurz vor Ende des Spiels verläuft die Handlung ganz stur linear, OHNE die Möglichkeit, zu früheren Bereichen zurückkehren zu können. Um die spannendsten Quests abschließen zu können, muss man dann später fast die ganze Welt nochmal aufrollen.
d.) So lustig und spannend es ist, aber teilweise arten die Kämpfe in Arbeit aus. An Aurons Ultimative Waffe kommt man zum Beispiel erst dann, wenn man für den Zoo von ALLEN Monstern der ganzen Welt zehn Exemplare eingefangen hat. Ich überlasse es der Fantasie des Lesers sich vorzustellen, wieviel Stunden Kämpferei hierfür draufgeht.
Fazit: Das Spiel ist ein Feuerwerk an tollen Ideen, die in eine schöne Handlung eingebunden sind. Die positiven Aspekte überwiegen die Schwächen zwar bei weitem, aber es sind eben dennoch zuviele störende Kleinigkeiten, die die volle Punktzahl verhindern. Aber vier Sterne sind fair und absolut gerechtfertigt. Wer nicht allzu ungeduldig ist und sich viele viele Stunden amüsieren möchte, kann unbesorgt zugreifen. Erst recht zu dem Preis.