13.03.2007
Feldherr in China
Das Genre der Rundenstrategiespiele ist nicht unbedingt das, was in unseren Breitengraden am Meisten verbreitet ist. Mit dieser Aussage lehne ich mich ganz sicher nicht zu weit aus dem Fenster. Während auf dem PC wenigstens die Strategietitel in Echtzeit regelmäßig für Aufsehen sorgen, sieht es generell mit dem Strategiegenre auf Spielkonsolen nicht gerade rosig aus. Umso bemerkenswerter ist es dann, wenn uns eine europäische Pal-Fassung erreicht und diese dann auch noch mit deutschen Bildschirmtexten aufwarten kann. Insofern hatte allein deswegen "Dynasty Tactics" eine Beachtung verdient und anscheinend erwies sich dieses Epos von Koei nicht als wirtschaftlicher Reinfall, da uns 2004 sogar die Fortsetzung erreichte. Ebenfalls als deutsche Pal-Version, man höre und staune. Wer den Vorgänger mochte, wird definitiv von diesem zweiten Teil auch nicht enttäuscht sein, der für meinen Geschmack noch einen Tick besser ausgefallen ist. Allerdings sind dies nur Nuancen, womit wir auch gleich einen Negativpunkt mitliefern: viel neues hat sich hier bei "Dynasty Tactics 2" nicht getan. Die positiven wie auch negativen Merkmale des ersten Teils ich berichtete darüber - sind gleichgeblieben. Unter dem Strich haben wir es mit einem interessanten und seltenen Genre-Vertreter zu tun, der sich flüssig spielt, dafür aber auch relativ wenig echte Highlights aufweist.Das Geschehen auf den Schlachtfeldern - denn auf solchen befinden wir uns nahezu das gesamte Spiel über - spielt vor dem historischen Hintergrund des chinesischen reiches im zweiten Jahrhundert nach Christus. Protagonisten sind die insgesamt vier Oberbefehlshaber bzw. Kommandanten mächtiger Armeen, die sich (natürlich) um die großen Areale streiten. Jede Armee verfügt über unterschiedliche Einheiten, die ihrerseits wiederum einen Offizier als Leitfigur haben. Jeder dieser Offiziere verfügt über individuelle Stärken und Schwächen oder besser gesagt seine Einheit über charakteristische Merkmale sowohl offensiver als auch defensiver Natur. Alte Haudegen, die kampferprobt im Nahkampf wie auch Reiter oder Bogenschützen, welche naturgemäß den Fernkampf bevorzugen, kommen regelmäßig zur Geltung. Vor der Schlacht blicken wir auf eine Übersichtskarte, studieren diese inklusive der Feindbewegungen und planen unsere nächsten Züge im Voraus. Dies beinhaltet auch das Ausweichen oder auch bewusste in Kauf nehmen von Konfrontationen, woraufhin sich im Regelfall eine Schlacht anschließt. Mitunter lassen sich neue Einheiten rekrutieren und auch bestimmte Spezialtalente erkaufen, auch Diplomaten und Spione kommen zur Geltung, um Sabotageaktionen durchzuführen.Zugegebenermaßen hört sich dies in Wahrheit aber komplexer an als es wirklich ist. In der Praxis verkommt das Ganze in "Dynasty Tactics 2" ein wenig zu einem dann doch variantenarmen Gameplay, um ehrlich zu sein. Ich will jetzt nicht sagen, dass ich furchtbar enttäuscht wurde, aber gerade diejenigen unter Euch, die eine komplexe Rundenstrategie mit viel Tiefgang erwarten, sollen sich gewarnt fühlen. Die grundlegenden Züge sind spätestens nach zwei bis drei Stunden komplett verinnerlicht, viel tut sich dann nicht mehr. Dies führt nach einer gewissen Spieldauer unweigerlich zu monotonen Passagen und mitunter zu nicht gerade angenehmen spielerischen Längen. Der Strategiefan erfreut sich jedoch an den vielen Einheiten und der Auflevelmöglichkeiten der Offiziere und nicht zuletzt an der Ausdehnung des eigenen Reiches (im Erfolgsfalle). Doch nicht unter den Tisch fallen darf, dass das Prozedere spätestens nach drei bis vier Stunden mehr oder weniger leichte Gähnanfälle zu produzieren imstande ist. Wer das Rundenstrategiegenre nicht außerordentlich attraktiv findet, könnte größere Motivationsprobleme bekommen. Da ändert es auch nichts, dass wir grundsätzlich auf dem Schlachtfeld Geschütztürme, Zäune und auch Katapulte errichten bzw. die des Feindes zerstören können, überaus abwechslungsreich gestaltet sich der Spielverlauf trotz der großen Ansammlung an Einheiten nicht. Immerhin freuen wir uns über eine blitzsaubere Steuerung und eine gelungene Kameraführung. Besonders belastet werden diese aber ehrlich gesagt auch nicht, denn sowohl die Menüführung als auch das Geschehen auf dem Feld erfordert keine aufwendigen Kamerafahrten, zig unterschiedliche Perspektiven und auch keine pixelgenauen bzw. präzisen Manöver. Vielmehr läuft alles ohne größere Hektik ab, jede Einheit kommt - je nach Talent - brav nacheinander an die Reihe. Zunächst die unsrigen, dann die des Feindes. Bemerkenswert - wenn auch nicht immer ganz nachvollziehbar - sind die zahlreichen Komboattacken: je nachdem, wie die einzelnen Einheiten zum jeweiligen Zielobjekt positioniert sind, erfolgen Kettenreaktionen, was bedeutet, dass ein Angriff 2fach, 3fach oder auch x-fach Schaden zufügen kann, je nachdem wie bzw. auf welchem Feld die befreundeten Gruppen gerade stehen bzw. in welche Richtung sie dabei blicken. Dies im Detail zu erläutern, würde verwirren und offen gesagt ist es selbst nach mehreren Stunden Spieldauer nicht immer ersichtlich, wieso jetzt auch eine weiter entfernte Einheit zusätzlich eingreift oder auch warum die benachbarte Gruppe teilnahmslos zuschaut. Die Computergegner beherrschen die Kombo-Fertigkeiten natürlich aus dem Effeff, aber unfaire Passagen gibt es dennoch selten. Was allerdings auch an der größtenteils nicht außerordentlich hohen Intelligenz liegen dürfte. Seid Ihr erst einmal richtig fit in punkto Handhabung, gibt es kaum noch größere Stolpersteine im Spiel, solltet Ihr manche Dinge nicht zu überstürzt angehen. Daran ändern auch die unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen nichts: "Dynasty Tactics" ist weniger komplex und weniger schwierig als es auf den ersten Blick den Anschein hat, insgesamt sogar (mindestens) einen Tick zu leicht. Ein dickes Sonderlob gebührt allerdings dem sehr nützlichen Tutorial, welches für einen sehr angenehmen Einstieg sorgt und eine Vielzahl an Hindernissen aus dem Weg räumt.Was die Präsentation betrifft, so ist diese grundsolide. Sie erlaubt sich praktisch überhaupt keine Fehler, geht aber auch kaum ein echtes Wagnis ein. Kurzum: sie ist sehr unspektakulär. Allerdings nicht hässlich. Auf dem Schlachtfeld selber sieht es fast immer gleich aus, eher monotone Hintergrundtexturen und immer dieselben - wenn auch relativ detailreich modelliert und gut animierten - Einheiten ziehen gegeneinander zu Felde. Die Kameraschwenks beim Ausführen der einzelnen Manöver sind gut, ähneln sich aber nach kurzer Spielzeit frappierend, macht Euch demzufolge auf unentwegte Wiederholungen gefasst. Sehenswert sind (zunächst) die eingeblendeten Minisequenzen, welche die Ausführung der von Euch angewiesenen Aktion anschaulich ins Bild setzen, doch auch diese wiederholen sich schon sehr schnell. Netterweise können wir diese abbrechen, doch speziell in der Anfangsphase denke ich, dass Ihr Euch diese in voller Länge anschauen solltet. Mehr Bedeutung haben die Gespräche zwischen den einzelnen Schlachten, welche die Story weitererzählen und für eine etwas dichtere Atmosphäre sorgen sollen. Außer den Portraits der jeweiligen Gesprächspartner und den Dialogboxen gibt es hier aber nicht viel zu sehen, die Identifikation mit den Hauptfiguren ist dementsprechend gering. Sowohl Freunde als auch Feinde spulen mehr ihr Pensum runter, als dass wir das Gefühl bekommen, dass man uns in eine tiefgängige, mitreißende Geschichte verwickeln wollte. Primär geht es um strategische bzw. taktische Elemente vor und während er Schlachten und nicht um eine möglichst spannende Handlung. Was bedauerlich ist, wie ich meine. Demzufolge gibt sich die Optik auch keine besondere Mühe, kommt ohne 60-Hertz-Modus und 16:9-Breitbildformat daher, spendiert uns aber immerhin deutsche Bildschirmtexte. Was speziell in diesem Genre zumindest auf Spielkonsolen - wie eingangs erwähnt - eher Seltenheitswert hat. Ähnlich sieht es bei der Soundkulisse aus, die sich ähnlich grundsolide aber doch sehr unspektakulär präsentiert. Sämtliche Melodien im Hintergrund passen zum jeweiligen geschehen und auch die Soundeffekte speziell in der Schlacht klingen authentisch, doch auch hier macht sich chronische Abwechslungsarmut breit. Immerhin ertönen glasklare Digiklänge aus den Lautsprechern, doch das macht den Braten wirklich nicht mehr fett. "Dynasty Tactics 2" ist ein Rundenstrategietitel und - um ehrlich zu sein - kommen ganz sicher auch nur diese voll auf ihre Kosten. Jene können sich dann aber auch über einen überdurchschnittlich hohen Spielspaß freuen, denn im Hinblick auf strategischer Elemente, taktische Überlegungen, dem Hochleveln der Einheiten und dem allmählichen Auf- und Ausbau des eigenen Territoriums gibt es zahlreiche motivierende Aspekte. Grafisch und akustisch wird uns (nur) Grundsolides geboten und Kamera als auch Steuerung stellen uns vor keine Probleme. Doch selbst die Zielgruppe dieses PS2-Spiels muss mit zunehmender Spieldauer erkennen, dass die ständigen Wiederholungen zusehends ermüden. Ob selbst ehrgeizige Spielernaturen wirklich jede Kampagne mit allen vier Kommandanten durchspielen geschweige denn nach einer längeren Pause sich noch einmal in diesem Game austoben wollen, darf zart bezweifelt werden. Spielspaßwertung: 69%.PLUS ---> Für Rundenstrategiefans hochinteressant, hierzulande seltener Genre-Vertreter und dann noch als deutsche Pal-Fassung, gutes Tutorial, Taktik, viele Einheiten, Ausbau des eigenen Reiches, interessante Kombos, SpielumfangMINUS ---> Kleine Zielgruppe, Präsentation unspektakulär, nicht sonderlich abwechslungsreich, spielerische Längen, Auslösen der Kombos nicht immer nachvollziehbar, letztlich zu leicht, keine großen Neuerungen