21.11.2007
Coolness ist Trumpf
Erstaunlich war es schon, was die (mittlerweile) berühmte Action-Saga „Devil May Cry“ für eine Berg- und Talfahrt vollführte. Begeisterte der erste Teil quasi durchweg und bot uns eine unerwartet hohe Qualität, so groß war das Entsetzen über den sehr mittelprächtigen Nachfolger. Zum Glück kam Entwicklerschmiede Capcom wieder in Form und fabrizierte einen bemerkenswerten guten dritten Teil, der – bis auf kleine Schönheitsfehler – an das anknüpfte, was uns der Erstling geboten hatte. Leider kommt auch in „Devil May Cry 3 – Dantes Erwachen“ der Multiplayerspaß zu kurz oder besser gesagt fand dieser erneut keine Berücksichtigung. Was im Action-Genre nicht unüblich ist, aber trotzdem schade. Zahlreiche Extras sorgen dennoch für eine gehobene Langzeitmotivation, dazu an anderer Stelle aber noch mehr. Kurzum: wer diesem Gemetzel vorher schon etwas abgewinnen konnte, wird erfreut sein und kommt definitiv auf seine Kosten.
Die Handlung spielt im Übrigen noch vor dem ersten Teil, Kenntnisse der beiden Vorgängern sind nicht (unbedingt) nötig. Protagonist dieses dritten Teils ist – natürlich – wieder Dante, der offensichtlich ein großes Problem mit seinem leiblichen Bruder hat. Oder besser gesagt umgekehrt, denn dieser giert nach der Inbesitznahme eines mysteriösen Amuletts: seine Motive sind wahrlich nicht ehrenwert zu nennen, versteht sich. Dies will unser weißhaariger Dante auf alle Fälle verhindern, so dass er sich erneut das mächtige Schwert, welches einst seinem Vater gehörte, krallt und in die Schlacht zieht. Schlacht deswegen, weil sein Bruder in der Tat auf wahre Heerscharen an monströsen Untergebenen zurückgreifen kann, die sich ihm in der Folgezeit auch gänzlich ungeniert in den Weg stellen. Coolness ist hier aber definitiv angesagt, durch diese zeichnet sich unser Held aus, gar keine Frage. Immer für einen lockeren Spruch ist er zweifellos gut, was aber keineswegs bedeutet, dass er sein bevorstehendes Werk oberflächlich angehen würde. Dass er ordentlich austeilen kann, ist hinlänglich bekannt (zumindest den Kennern der Serie), wer dies noch nicht weiß, wird schnell aufgeklärt: wuchtige Hiebe, ein enormes Sprungvermögen und augenscheinlich ein Multitalent in Sachen Führung unterschiedlichster Mordinstrumente sind seine Markenzeichen.
Neuerungen gibt es allerdings auch in „Devil May Cry 3“ und das ist auch gut so. Es liegt an uns, sich vor dem Gang in das nächste Kampfgebiet – und manchmal auch mittendrin - einen neuen Kampfstil bzw. eine entsprechende Technik anzueignen, so gesehen haben wir die Qual der Wahl. Dabei beziehe ich mich nicht nur auf den Umgang mit Waffen und Spezialattacken, sondern auch auf physische Eigenschaften wie Reaktionsschnelligkeit, Ausweichvermögen und Geschwindigkeit. Das allein dürfte den Interessierten dazu verleiten, dieses Actionabenteuer mindestens noch ein zweites Mal durchzuspielen. Manche mögen es als nebensächliche kosmetische Boni bezeichnen, andere hingegen freuen sich (womöglich) über freispielbare Artworks, Videos, Trailer oder auch das Making Of. Ehrlich gesagt war mir dies weniger wichtig, hingegen ich mir – und damit kommen wir zu einem nicht ganz unwesentlichen Kritikpunkt – deutlich mehr Abwechslung gewünscht hätte. In einem reinen Actionspiel wird zwar vornehmlich durch die Gegend geholzt (schließlich haben wir es nicht mit einem Actionadventure zu tun, welches oft Rätseleinlagen, Adventureelemente oder auch Rollenspielansätze aufweist), aber dann doch bitte mit etwas mehr Kreativität. Immerhin entschädigen uns die vielen Waffen in Verbindung mit den bereits erwähnten Techniken und gewagte Sprung- und Hüpfpassagen für die zuweilen vorherrschende Monotonie. Irgendwann einmal langweilen nämlich selbst der anfangs noch so imposante Schlag mit der Doppelklinge, leuchtende Feuerbälle oder auch das senkrecht an einer Wand hochkraxeln. Raketenwerfer, Laserknarre und Shotgun aus der Distanz gesellen sich zu den Utensilien für den Nahkampf wie zum Beispiel Chaku, mächtiges Schwert oder feiner Säbel. Sogar eine E-Gitarre (ich sag ja, unser Held ist die Coolness in Person) ist mit am Start bzw. darf auf die morschen Schädel der Gegner gedonnert werden. Je mehr Feinde jedenfalls ausgelöscht werden, umso schneller füllt sich die Leiste namens Devil Trigger, die uns schließlich vorübergehend in eine heftige Höllenkreatur verwandelt oder so ähnlich: zumindest machen wir so ziemlich alles platt, was sich im jenen Augenblick im näheren Umkreis befindet.
Nützliche Gegenstände zum Aufleveln unserer Waffen lassen sich so ganz nebenbei ebenso auftreiben wie Heiltränke oder sonstige hilfreiche Dinge, vorausgesetzt wir verfügen über entsprechend viel Kleingeld oder besser gesagt die benötigte Anzahl an Orbs. Diese brauchen wir auch regelmäßig, denn der Schwierigkeitsgrad ist wahrlich nicht ohne. Allein durch die Massen an heranrollenden Wogen an feindlichem Gesocks wird uns nur äußerst selten eine Verschnaufpause gegönnt und die Obermotze sind zuweilen richtig knackig. Anfänger haben keine Schnitte und auch Gelegenheitszocker dürften selbst auf erträglichem Niveau kaum Land sehen. Zumindest ist eine gehörige Portion Geduld und Ausdauer erforderlich, entsprechendes Talent (zumindest im Ansatz) vorausgesetzt, versteht sich. Merkwürdig zudem: die Easy-Stufe ist erst nach x-fachem Versagen auf „Normal“ anwählbar, wieso auch immer. Belohnt für unsere Mühen werden wir durch eine sehr dichte Atmosphäre, welche nicht nur durch die düstere Umgebung das richtige Flair versprüht, sondern insbesondere durch die Gestaltung der Feindestypen, die oft wirklich sehr skurril aussehen, um es noch milde auszudrücken: Dämonen, Skelette, eklige Mutationen und weiteres Monstergesocks geben sich hier ein munteres Stelldichein und all dies gehüllt in eine Art Gothic-Atmosphäre, die eigentlich niemanden von uns kalt lassen dürfte.
Besonders hervorzuheben – und das ist enorm wichtig – ist die Tatsache, dass im Gegensatz zum – enttäuschenden – zweiten Teil hier nicht blindlings drauflos geholzt wird, sondern es überlebenswichtig ist, die Lage zu erkennen und notfalls auch einmal gekonnt auszuweichen, zu flüchten, um dann (erst) sich auf eine Konterattacke konzentrieren zu können. Das allein spricht für Niveau. Doch als ob die teils richtig hartnäckigen Gegner nicht schon stressig genug wären, drohen wir ab und an, die Orientierung zu verlieren: dies ist aber offensichtlich so gewollt – bitte nicht falsch verstehen – die Verwirrung war so geplant, spätestens nach den ersten Schalterbetätigungen bzw. Aktivierungsmechanismen, wisst Ihr wovon ich rede: nichts ist dann mehr so wie es vor kurzem noch war, Ein- und Ausgänge auf einmal vertauscht oder zunächst gar nicht auszumachen. Weniger gewollt dürfte die manchmal etwas unglückliche Positionierung der Kamera sein, diese nervt mitunter doch merklich. Auch in diesem Punkt wird Eure Geduld somit auf die Probe gestellt, so dass ich schätze, dass Ihr am Ende der zweiten oder auch dritten Spielstunde endgültig wisst, ob Ihr dieses Game bis zum Ende durchspielen und somit den Abspann sehen wollt. Sagt Ihr dazu ja, werdet Ihr aber auch nicht eher ruhen wollen, schätze ich. Versüßt wird uns das Ganze durch eine gut inszenierte und vor allem in zahlreichen Zwischensequenzen präsentierte Geschichte, in der insbesondere die Coolness unseres Dante sehr deutlich zum Ausdruck kommen soll. Allein diese Filme zwischendurch sind alle Mühe wert, mir haben diese außerordentlich gut gefallen.
Es ist vor allem die Präsentation insgesamt, die in „Devil May Cry 3 – Dantes Erwachen“ für Begeisterung sorgt. Nirgendwo grobe Texturen, viele Details, große Figuren, ein hochinteressantes (abgefahrenes) Gegnerdesign, generell hübsche Areale und bemerkenswert gelungene Licht- und Schattenspiele sowie Wasser- und Spiegeleffekte. Das düstere Gothic-Ambiente hat auf jeden Fall seinen Reiz, versprüht fast schon einen unwiderstehlichen Charme. Was die weiblichen Videospieler unter uns möglicherweise auch von unserem Helden sagen werden, erst recht diesen werden aller Voraussicht nach die vielen Zwischensequenzen gefallen. 60-Hz-Modus und deutsche Bildschirmtexte sind brav vorhanden, das 16:9-Breitbildformat aber nicht. Trotz der vielen hübschen Details und teils sensationellen Effekte gibt es kein Ruckeln weit und breit. Wow. Trotz der heftigen Action und der Heerscharen an Feinden wird es zudem nie richtig unübersichtlich. Vorausgesetzt, die Kamera zeigt sich gnädig. Die Sprachausgabe kommt ausschließlich in englisch daher, was eventuell aber auch besser so ist. Obwohl weder Surroundklang noch Dolby Digital unterstützt werden, überzeugt die Soundkulisse durchweg. Gelungene Melodien aus dem Bereich Rock und auch Metal, die dadurch nie langweilig werden, da sie sich mit ruhigen Passagen abwechseln und abwechslungsreiche Soundeffekte verstärken die atmosphärische Dichte. Wer einem Dauergemetzel in Gothic-Atmosphäre etwas abgewinnen kann, kommt hier voll auf seine Kosten und das mit einem obercoolen Helden inklusive. Ein stark präsentiertes und blitzschnelles Actionspiel finden wir hier somit zweifelsohne vor. Spielspaßwertung: 84%.
PLUS --> Megacooler Held, Gothic-Atmosphäre, detailreiche Grafik, abgefahrene Gegner, Gruselfaktor, massig hübsche Zwischensequenzen, gelungene Soundkulisse, variable Kampftechniken, Action megasatt
MINUS --> Kein Multiplayer, auf Dauer „eigentlich“ dann doch relativ monotones Abholzen, Kamera oft nicht auf Zack, schwer