09.12.2002
Teure Spieledemo
Gewiss: Grafik, Atmosphäre und Sound sind beeindruckend, es gibt fliessende Übergange zwischen Filmszenen und Action (plötzlich ist man mitten in der Schlacht), authentische Synchronstimmen, ... mit anderen Worten: technisch brillant. Aber macht das schon ein gutes Spiel aus?
Die tiefschürfende Spielidee lässt sich in drei Worten zusammenfassen: stech, hack, metzel. Wenn man Tolkiens grossartigen Erzählstoff auf seine Kampfszenen reduziert, kommt dabei etwas heraus, dass sich nur als hohl und geistlos bezeichnen lässt. Ein Herumirren in den extrem linearen und kurzen Leveln ist schwerlich möglich. Nun, dafür kann man sich auch nicht verlaufen, nicht mal 2 Meter vom Weg abzuweichen ist erlaubt. Einfach immer an der Wand lang. Schön, wenn man sich so gut zurechtfindet, nicht?
Die starre Kameraführung lädt allerdings ohnehin nicht zu Erkundungen ein. Ein Umsehen ist gar nicht möglich. Macht aber nichts, denn es gibt auch keinerlei Überraschungen hinter der nächsten Ecke oder anderswo. Das Meiste lässt sich auch ohne hellseherische Begabung voraussehen.
Die wenigen Level, die etwas "länger" ausgefallen sind, leben davon, dass man statt 20 dieses Mal 200 Orks zerschnetzeln muss. Richtig interessant wird es, wenn man kurz vor Levelende scheitert, weil man ein wenig zu lange auf dem falschen Holzteil herumgehackt hat. Zwischenspeichern nicht möglich, also nochmal dieselben 200 Orks schnetzeln. Solch ein Frust ob des unfairen Scheiterns vermag ein enormes Agressionspotential zu entfalten, von dem die persönliche Umgebung noch tagelang profitieren darf. Selbst mit Cheats und im einfachsten Schwierigkeitsgrad lässt sich ein Scheitern nicht umgehen, weil das Tor, das man beschützen sollte, in der Zwischenzeit zerstört wird. Zumindest dämmert es jetzt, was der Levelmeter am oberen Bildschirmrand anzeigen sollte und was das eigentliche Ziel dieses Levels ist. Nur diesen hübschen "Rätseln" und komplett fehlenden Hinweisen ist es zu verdanken, dass die reine Spielzeit von vielleicht 5 Stunden noch etwas gestreckt wird.
Hat man sich schliesslich auf sehr abwechslungsreiche Weise durch 12 Level hindurchgeschnetzelt, erwarten einen als Bonus ein paar freigeschaltete, "exklusive" Interviews, die man auch auf der Film-DVD sehen kann. Interessanter Vergleich: man schaue sich darin die Gesichter der beiden verantwortlichen Macher an. Und danach jene beiden Gesichter im Making of von Star Wars: Starfighter. Etwas aufgefallen? Richtig, diese beiden Spiele tragen dieselbe Handschrift. Für noch mehr Dürftigkeit sorgen dann solche Geheimlevel mit nicht weniger als 20 immergleichen Bühnen und denselben kurzen Gemetzeln.
Die zahllosen Angriffsvariationen und deren Button-Kombinationen merkt sich kein Mensch. Wozu auch? Die Level lassen sich ausnahmslos auch mit wildem Herumorgeln auf dem Analogstick oder ziellosem button-mashing bewältigen, und das sogar teilweise mit den höchsten Auszeichnungen (und den schmerzendsten Handgelenken seit langem). Im Schlachtgetümmel eines der "längeren" Level hat man ohnehin Mühe, seine eigene Figur zu sichten und die schönen Combos zu bewundern. Mal abgesehen davon, dass man zu deren Ausführung mehr Zeit benötigt, als einem die Gegner zu gewähren bereit sind. Gegen gepanzerte Feinde sind so manche hübschen Combos eh unwirksam, um nicht zu sagen tödlich; Letzteres allerdings nur für einen selbst.
Eigene Handlung? Wat 'n dat? Nähme man die Filmvorlage weg, die die Level dürftig zusammenhält, bliebe rein gar nichts übrig. Da hat man sich z.B. bei Star Wars Spielen schon mehr angestrengt.
Das Spiel verfügt über keinerlei Multiplayer-Fähigkeiten, nichts, nada, null, eine reine Einzelspieler-Angelegenheit. Dabei könnte man sich gerade einen Zweispieler-Kooperationsmodus gut vorstellen.
Fazit: So schnell bin ich noch nie durch die Level eines Spiels gekommen. Nur habe ich den Verdacht, dass das weniger mit meinen Fähigkeiten zu tun als vielmehr damit, dass die Level so unglaublich klein sind! Eine beeindruckende Spieledemo, dafür aber eigentlich etwas zu teuer.